sozial-Recht

Oberverwaltungsgericht

Anspruch auf wohnortnahen Kitaplatz gilt "unbedingt"



Saarbrücken (epd). Eltern können für ihr Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bedingungslos einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kita beanspruchen. Sie müssen auch nicht explizit nachweisen, dass sie auf den Betreuungsplatz besonders angewiesen sind, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes in einem in Saarbrücken jetzt veröffentlichten Beschluss vom 22. März. Der Betreuungsplatz dürfe auch nicht von bestehenden Kapazitäten abhängig gemacht werden, befand das Gericht.

Geklagt hatten die Eltern zweier im Mai 2020 und im Oktober 2021 geborener Kinder. Sie hatten bei ihrer Kommune einen wohnortnahen Kita-Platz spätestens ab Oktober 2022 von täglich 6.30 Uhr bis 15.30 Uhr beantragt. Dem Antrag hatten sie noch Absagen mehrerer Kitas beigelegt. Sie seien jedoch auf den Kita-Platz angewiesen. Der Vater gab an, Vollzeit in einer Firma in Saarbrücken zu arbeiten, die Mutter wollte nach der Elternzeit wieder ihre Stelle im OP-Bereich eines Kreiskrankenhauses antreten. Die Kommune stellte jedoch keine Kita-Plätze zur Verfügung. Es gebe nicht genügend Plätze, hieß es zur Begründung.

Verwaltungsgericht sah keine Eilbedürftigkeit

Auch das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag auf Zuweisung eines Krippenplatzes ab. So eilig scheine die Sache nicht zu sein, weil die Mutter zwischenzeitlich ihre Elternzeit bis zum 31. August 2023 verlängert habe, entschied das Gericht. Es sei „nicht ansatzweise glaubhaft gemacht“ worden, dass die Betreuungsplätze tatsächlich dringend benötigt würden.

Die dagegen beim OVG eingelegte Beschwerde hatte indes Erfolg. Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz sei „unbedingt ausgestaltet“, so das Gericht. Dass Eltern darauf angewiesen sein müssen, sei nicht erforderlich. Nach dem Gesetz hätten Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.

Verweis auf fehlende Plätze ist haltlos

Der Anspruch auf einen Kita-Platz dürfe auch nicht wegen fehlender Kapazitäten verwehrt werden. Denn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe müsse schlicht gewährleisten, dass vor Ort genügend Angebote an Fördermöglichkeiten in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bestehen.

Hier sei auch Eilbedürftigkeit gegeben. Denn es sei den Eltern nicht zuzumuten, dass sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache mehrere Monate abwarten. Zudem habe die Mutter ihre Elternzeit nur vorsorglich für den Fall verlängert, das ihr tatsächlich kein Betreuungsplatzt zugewiesen werde.

Auch die Betreuungszeiten könnten die Eltern frei wählen, entschied das OVG. Das Gesetz sehe keine zeitliche Begrenzung vor. Hier könnten die Eltern aber nur eine Betreuung ab 7.00 Uhr verlangen, da ab diesem Zeitpunkt erst die Kitas regelmäßig öffnen.

Az.: 2 B 10/23