sozial-Politik

Wohnungsbau

Studie: Zu wenige Wohnungen für Senioren geeignet




Bezahlbare Wohnungen für Senioren werden nach einer Studie auch in Zukunft knapp bleiben.
epd-bild/Rolf Zöllner
Nur ein Teil der deutschen Senioren lebt in altersgerechten Wohnungen. Mit dem Älterwerden der Baby-Boomer werde sich die Lage in den kommenden Jahrzehnten noch verschärfen, warnt eine aktuelle Studie. Ein Bündnis aus Bauverbänden fordert massiv mehr Geld vom Bund.

München (epd). In Deutschland fehlen einer Studie zufolge mehr als zwei Millionen seniorengerechte Wohnungen. Laut der Erhebung „Wohnen im Alter“, die am 17. April auf der Messe Bau in München vorgestellt wurde, benötigen aktuell rund 2,8 Millionen Haushalte mit Senioren altersgerechte Wohnungen. Nur 600.000 dieser Haushalte hätten derzeit entsprechende Räume zur Verfügung.

Das Problem werde sich innerhalb der nächsten 20 Jahre durch das steigende Bevölkerungsalter noch verschärfen, heißt es in der Studie des hannoverschen Pestel-Instituts, die im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt wurde. Als einer der Gründe für die „graue Wohnungsnot“ wurde angegeben, dass nur rund jede siebte Wohnung heute altersgerecht sei. Ein Großteil davon werde außerdem nicht von Älteren bewohnt. Häufig nutzten Familien Wohnungen ohne Schwellen, mit breiten Türen, Fluren und Räumen. „Barrierefreiheit ist ein Komfortmerkmal, und solche Wohnungen werden über den Preis vergeben, nicht nach Bedürftigkeit“, sagte der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.

Pflegebedürftigkeit als Armutsrisiko

Er sprach von einem „Zwei-Komponenten-Problem beim Seniorenwohnen“: einem Mangel an altersgerechten Wohnungen und Altersarmut durch das Wohnen. Es sei zu befürchten, dass sich zwei Drittel der Senioren, die in einer Mietwohnung leben, bei steigenden Wohnkosten künftig immer mehr einschränken müssten, weil die Rente für den bisherigen Lebensstandard nicht mehr reiche. Das werde sich bereits bei den geburtenstarken Jahrgängen zeigen, die demnächst in Rente gehen.

Als „Armutsrisiko Nummer Eins“ nennt die Studie die Pflegebedürftigkeit im Alter. Im Schnitt koste eine stationäre Pflege heute rund 2.400 Euro pro Monat. „Mehr als die Hälfte der Seniorenhaushalte hat allerdings weniger als 2.000 Euro netto im Monat zur Verfügung. Am Ende ist es also ganz oft der Staat, der einspringen muss“, sagte Günther. Dieser müsse daher ein Interesse daran haben, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich zu Hause leben können. Das wiederum setze deutlich mehr altersgerechte Wohnungen voraus. Ein „Alterswohnprogramm für die Baby-Boomer“ fehle jedoch.

Kritik an Förderpolitik der KfW-Bank

Günther kritisierte, dass die staatliche KfW-Bank anders als früher keine Zuschüsse mehr zum altersgerechten Umbau von Wohnungen anbiete. Zudem müsse es auch Förderprogramme für die Aufteilung von Ein- und Zweifamilienhäusern geben: „Es geht darum, beispielsweise in einem klassischen Einfamilienhaus zwei Wohnungen unterzubringen, mindestens eine davon seniorengerecht“, sagte der Studienleiter. Der Bund müsse mindestens eine halbe Milliarde Euro für altersgerechten Neu- und Umbau zur Verfügung stellen, so seine Forderung.

Mehr Geld des Staates forderte auch der BDB. Eine deutliche Aufstockung der Fördermittel sei notwendig. Bund und Länder müssten jetzt ein milliardenschweres „Krisenpaket Wohnungsbau“ schnüren, insbesondere für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen und von Sozialwohnungen, sagte Präsidentin Katharina Metzger. Das Baumaterial dafür sei da: „Der Fachhandel kann liefern. Für nahezu alles, was gebaut werden soll, gibt es auch Baustoffe.“ Es komme jetzt darauf an, dass der Staat alles daransetzt, den Wohnungsbau durch die Krise zu bringen.

Forderung von 50 Milliarden Euro für Sozialwohnungen

Die im Wohnungsbau führenden Verbände in Deutschland fordern unterdessen von der Bundesregierung 50 Milliarden Euro mehr für den Bau von Sozialwohnungen. Das Geld solle von Bund und Ländern in einem Sondervermögen zur Verfügung gestellt werden, erklärten die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und sechs weitere Organisationen am 20. April auf ihrem diesjährigen Wohnungsbautag in Berlin. Nur mit den zusätzlichen Mitteln könne es gelingen, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen, hieß es.

Der Staat müsse zudem den Bau bezahlbarer Wohnungen mit Quadratmeter-Kaltmieten zwischen 8,50 Euro und 12,50 Euro massiv unterstützen. Für 60.000 Neubauwohnungen in dieser Legislaturperiode seien 22 Milliarden Euro zusätzlich erforderlich, erklärte das Verbändebündnis Wohnungsbau, dem unter anderem der Deutsche Mieterbund, der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe angehören.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) wies die Milliarden-Forderung der Verbände zurück. Sie könne die Forderung verstehen, sagte sie auf dem Wohnungsbautag. Aber ein Sondervermögen sei in Wirklichkeit ja „ein Batzen Schulden“, und die Staatsverschuldung müsse begrenzt werden. Zur Förderung für den sozialen Wohnungsbau sagte Geywitz, bis 2026 flössen 14,5 Milliarden Euro vom Bund, so viel wie seit Jahren nicht. Mit der Co-Finanzierung durch die Bundesländer werde man voraussichtlich auf eine Fördersumme von 36 Milliarden Euro kommen.

Julia Riese, Bettina Markmeyer