sozial-Branche

Statistik

Weniger neue Ausbildungsverträge in der Pflege




Ausbildungscampus für internationale Pflegekräfte in Neu-Isenburg
epd-bild/Heike Lyding
Der Personalmangel in der Pflege wird durch eine sinkende Zahl von Ausbildenden verschärft. Im vergangenen Jahr wurden weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als 2021. Der diakonische Pflegeverband reagierte "schockiert, aber nicht überrascht". Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste fordert radikale Konsequenzen.

Wiesbaden (epd). Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zur Pflegefachkraft ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. Wie das Statistische Bundesamt am 4. April in Wiesbaden mitteilte, unterschrieben 52.300 Auszubildende 2022 einen Vertrag zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. Das waren sieben Prozent weniger als 2021.

Der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (devap) nannte die aktuellen Zahlen „schockierend, aber leider nicht überraschend“. Die katholische Caritas beobachtet entgegen dem Bundestrend in ihren Einrichtungen keinen Rückgang bei der Zahl der Azubis.

76 Prozent des Nachwuchses ist weiblich

Die Pflege bleibt weiblich geprägt: Ende vergangenen Jahres betrug der Frauenanteil in der Ausbildung insgesamt 76 Prozent, bei den neu abgeschlossenen Verträgen waren es 74 Prozent. Ende 2022 befanden sich den vorläufigen Zahlen des Bundesamts zufolge insgesamt 110.800 Pflegefachfrauen und 35.800 Pflegefachmänner in Ausbildung.

Nach Angaben des Branchenverbandes devap zeichnet sich der rückläufige Trend bei den diakonischen Trägern seit 2020 ab. „Wir haben deutlich weniger Bewerber, weil wir massiv in Konkurrenz zu anderen Ausbildungsberufen stehen, die mittlerweile ebenfalls um jeden Auszubildenden kämpfen müssen“, sagte devap-Geschäftsführerin Anna Leonhardi.

Forderung: Mehr Menschen aus dem Ausland interessieren

Perspektivisch könne der Personalmangel nicht nur mit Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Inland gefüllt werden. „Die Bemühungen zur Gewinnung von Menschen aus dem Ausland für eine Pflegausbildung in Deutschland - immer unter Beachtung der ethischen Perspektive - müssen weiter ausgebaut und refinanziert werden“, forderte Leonhardi. Außerdem müsse der negative Trend bei den Umschülerinnen und Umschülern gestoppt werden.

Nach Angaben der Caritas tun sich die Pflegeschulen schwer damit, genügend Lehrkräfte für die Pflegeausbildung zu gewinnen. Der Personalmangel in vielen Pflegeeinrichtungen sei ein weiterer Aspekt, der die Ausbildung erschwere, denn es fehle erfahrenes Personal, das sich um den beruflichen Nachwuchs kümmere.

Kritik an Generalistik

„Die generalistische Pflegeausbildung war ein schwerer politischer Fehler“, kommentierte bpa-Präsident Meurer. Er forderte ein Spitzengespräch zur Rettung der Pflegeausbildung. Vor der Zusammenlegung der Ausbildungen kannten die Zahlen nur eine Richtung: nach oben. Vom Schuljahr 2009/2010 bis zum Schuljahr 2019/2020 gab es in der eigenständigen Ausbildung zur Altenpflegefachkraft einen Anstieg um 62 Prozent. „Diesen stabilen Jobmotor hat die Bundesregierung abgewürgt“, rügte Meurer.

Es sei höchste Zeit, mit den Trägerverbänden über Lösungen zur Absicherung und Weiterentwicklung der Ausbildungsstrukturen zu sprechen, „die die Bedarfe der Langzeitpflege endlich angemessen in den Blick nehmen“, so der Präsident.

Mit dem Pflegeberufereformgesetz von 2017 wurden die bis dahin getrennten Ausbildungen in den Berufen Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin sowie Altenpflegerin zum Berufsbild Pflegefachfrau/-mann zusammengeführt. Der Ausbildungsberuf wird seit 2020 angeboten, die Ausbildung dauert drei Jahre.

Markus Jantzer