Leipzig (epd). Kommunen und andere öffentliche Dienststellen dürfen bei systematischem Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren einer Beamtin nicht untätig bleiben. Schreitet die Kommune nicht gegen Mobbing ein, kann der Beamtin Schadensersatz zustehen, urteilte am 28. März das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Maßgeblich sei danach eine Gesamtschau der Geschehnisse.
Geklagt hatte eine Beamtin, die seit 2007 als Stadtverwaltungsoberrätin im höheren Dienst der Stadt Naumburg (Saale) in Sachsen-Anhalt arbeitete. Dort leitete sie den Fachbereich „Bürgerdienste, Recht und Ordnung“. Als der im Mai 2014 wiedergewählte Oberbürgermeister eine Neuorganisation der Verwaltung verfügte, musste die Klägerin ihren Posten als Fachbereichsleiterin räumen.
Die Beamtin wurde nun auf die weniger verantwortungsvolle neu gebildete „Stabsstelle Recht“ umgesetzt. Ihr neues Büro war zunächst nur über eine steile Treppe erreichbar. Als sie länger krank war, gab der Personalrat der Stadtverwaltung in einer Presseerklärung bekannt, dass die Frau sich bei voller Besoldung monatelang in „Krankheit“ geflüchtet habe.
Diese Verhaltensweisen wertete die Klägerin als „gezieltes Mobbing“ des Oberbürgermeisters, zumal dieser ihr im Frühjahr 2014 erklärt habe, das Vertrauen in ihre Person verloren zu haben. Wegen des Mobbings forderte die Beamtin vor Gericht Schadensersatz. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg lehnte den Anspruch indes ab.
Das Bundesverwaltungsgericht hob diese Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das OVG zurück. Es habe die Mobbingvorwürfe nicht ausreichend geprüft und zu sehr auf Einzelvorfälle abgestellt. Die Besonderheit des Mobbings liege aber gerade darin, „dass die Zusammenschau mehrerer Einzelakte zur Annahme einer Fürsorgepflichtverletzung führen kann, auch wenn die jeweiligen Einzelmaßnahmen für sich betrachtet nicht zu beanstanden oder jedenfalls nicht von ausreichender Intensität sind“. Maßgeblich sei eine Gesamtschau der Geschehnisse.
Es gehöre zur Fürsorgepflicht öffentlicher Dienstherren, Beamte gegen systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren zu schützen. Das gelte insbesondere bei solchem Verhalten durch Vorgesetzte. Andernfalls könne Schadensersatz verlangt werden.
Schließlich müsse das OVG aufklären, ob der Oberbürgermeister von der Pressemitteilung des Personalrats wusste und ob die Gesundheitsbeschwerden der Klägerin mit Mobbing zusammenhänge, entschied das Bundesverwaltungsgericht.
Az.: 2 C 6.21