Nürnberg (epd). Für Eltern eines Neugeborenen steht der Alltag Kopf. Zwischen Windeln wechseln und schlaflosen Nächten bleibt kaum Zeit, sich mit Finanzen auseinanderzusetzen. Der selbstständige Fotograf Simon Malik und seine Ehefrau haben sich schon vor der Geburt ihres Sohnes mit dem Elterngeld beschäftigt. „Wir wollten nicht unter Zeitdruck geraten, wenn unser Kind da ist“, sagt der Vater eines neun Monate alten Sohnes.
Eltern stehen zwölf Monate Basiselterngeld zu. Wenn beide Elternteile die Sozialleistung beantragen, gibt es zwei Monate obendrauf, den sogenannten Partnerschaftsbonus. Die Höhe richtet sich nach dem Gehalt vor der Geburt und liegt zwischen 300 und 1.800 Euro monatlich. Ein Monat Basiselterngeld kann in zwei Monate ElterngeldPlus umgewandelt werden. ElterngeldPlus lohnt sich für Eltern, die neben der Betreuung ihres Kindes in Teilzeit arbeiten. Es ist in der Regel halb so hoch wie das Basiselterngeld.
Der 36-jährige Simon Malik und seine Frau haben beide Elterngeld beantragt. Sie entschieden sich für eine Kombination. Die 14 Monate Elterngeld haben sie aufgeteilt in vier Monate Basiselterngeld, die restlichen zehn Monate haben sie umgewandelt in 20 Monate ElterngeldPlus. „Das hat für uns gut gepasst, da ich mir als Selbstständiger meine Zeit frei einteilen kann. Außerdem können wir durch ElterngeldPlus die Zeit mit unserem Sohn länger genießen“, sagt Malik.
Den Antrag auszufüllen, habe viel Zeit in Anspruch genommen. „Das Formular ist sehr lang, und das Konzept ist kompliziert gestrickt“, sagt Malik. Kollegen von ihm meinten: Elterngeld zu beantragen, sei wesentlich schwieriger, als eine GmbH zu gründen. „Es gibt jedoch gute Beratungsstellen“, sagt er.
Eine davon ist das Zentrum Bayern für Familie und Soziales (ZBFS). Florian Hofmann vom ZBFS sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Wir sehen, dass das Elterngeld geschlechtsspezifisch unterschiedlich in Anspruch genommen wird.“ Mütter beantragten das Elterngeld doppelt so oft wie Väter.
Seit der Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 gibt es im Freistaat die Möglichkeit einer Onlinebeantragung. „Bayern war und ist hier Vorreiter. Andere Bundesländer, die bislang noch keinen Onlineantrag haben, ziehen nun in Form von ‚Elterngeld Digital‘ nach“, erklärt Benjamin Vrban, Pressesprecher des ZBFS.
Pro Familia Nürnberg bietet Beratungsgespräche zum Elterngeld an. Oda Pranz von Pro Familia sagt: „Im Richtlinien- und Paragrafendschungel fühlen sich viele überfordert. Selbst Akademiker und Selbstständige suchen unsere Beratung auf.“ Den Wunsch nach einer Vereinfachung des Antrags höre die Sozialpädagogin oft. „Begriffe wie Basiselterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus sorgen häufig für Verwirrung.“
Pro Familia betont, keine rechtsverbindlichen Auskünfte zu geben, sondern lediglich zu beraten und über die verschiedenen Modelle des Elterngelds zu informieren. „Ich erkläre zunächst juristische Begriffe. Besonders Eltern mit Migrationshintergrund und Sprachbarrieren haben hier große Probleme“, sagt Pranz. Während der Kindergeldantrag in 15 EU-Sprachen übersetzt wurde, gibt es den Elterngeldantrag nur in Deutsch.
Auch das Nürnberger Ehepaar Zahn empfand den Elterngeldantrag als kompliziert. Daher suchten die Gesundheits- und Krankenpflegerin und der Arzt eine Beratung auf. „Danach waren wir noch verwirrter“, sagt Doro Zahn.
„Wir wollten ursprünglich ElterngeldPlus nehmen, weil mein Mann als Arzt in der Klinik reduziert gearbeitet hat und sich das gelohnt hätte“, sagt die 29-Jährige. Doch dann änderten sich die Lebensverhältnisse des Paares. „Mein Mann hat den Job gewechselt und eine Vollzeitstelle angenommen“, sagt die junge Mutter, deren Tochter im April 2021 geboren wurde. Im Februar 2023 fing Doro Zahn wieder an zu arbeiten.