

Karlsruhe (epd). Eine nach einem ärztlichen Aufklärungsgespräch einmal vom Patienten gegebene Einwilligung zu einem medizinischen Eingriff gilt ohne Einschränkungen. Kommt es nach einer Operation zu einem Gesundheitsschaden, kann der Patient nicht beanstanden, dass der Arzt ihm nicht von sich aus eine Bedenkzeit für die Operation eingeräumt hat, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 8. Februar veröffentlichten Urteil. Das Gesetz kenne keine „Sperrfrist“, die vom Zeitpunkt der ärztlichen Aufklärung bis zur Einwilligung des Patienten für den medizinischen Eingriff einzuhalten wäre, so die Begründung.
Im verhandelten Fall litt der Kläger an chronisch wiederkehrenden Ohrenentzündungen. Der Arzt riet zu einer Operation an Nase und Nebenhöhlen. In einem Aufklärungsgespräch wurde der Mann über den Ablauf und die Risiken des Eingriffs unterrichtet - und er gab per Unterschrift unmittelbar danach seine Einwilligung zu dem Eingriff.
Doch wurde bei der Operation die äußere Hirnhaut und die vordere Hirnschlagader verletzt und ein Riechnerv durchtrennt. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz und machte unter anderem eine unzureichende Aufklärung des behandelnden Mediziners geltend.
Das Oberlandesgericht Bremen entschied noch, dass die Einwilligung des Patienten unwirksam war, da ihm nach dem Aufklärungsgespräch keine Bedenkzeit eingeräumt wurde.
Doch das ist nicht generell erforderlich, urteilte nun der BGH. Die Aufklärung müsse nach dem Gesetz „so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann“. Eine „Sperrfrist“ zwischen Aufklärungsgespräch und Einwilligung gebe es nicht, befand das Gericht.
Es müsse, sofern medizinisch möglich, das Aufklärungsgespräch rechtzeitig stattfinden, damit eine Bedenkzeit möglich ist. Allerdings dürfe es für den Patienten auch keine Drucksituation vor dem Eingriff geben.
„Sieht er sich bereits nach dem Aufklärungsgespräch zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage, ist es sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen. Wünscht er dagegen noch eine Bedenkzeit, so kann von ihm grundsätzlich erwartet werden, dass er dies gegenüber dem Arzt zum Ausdruck bringt und von der Erteilung einer - etwa im Anschluss an das Gespräch erbetenen - Einwilligung zunächst absieht“, heißt es in dem Urteil. Äußerten Patienten keinen Wunsch nach einer Bedenkzeit, könnten Ärzte regelmäßig davon ausgehen, dass sie auch nicht nötig sei.
Das OLG muss nun neu über den Fall entscheiden und mögliche Behandlungsfehler prüfen.
Az.: VI ZR 375/21