sozial-Recht

Europäischer Gerichtshof

Datenschutzbeauftragter muss unbeeinflusst arbeiten können




Beim Datenschutz in Unternehmen kann es durchaus zu Konflikten kommen, etwa, wenn der Datenschutzbeauftragte sich selbst überwachen soll.
epd-bild/Norbert Neetz
Ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter muss sein Amt unbeeinflusst ausüben können. Ist das wegen innerbetrieblicher Interessenskonflikte nicht möglich, kann die Abberufung von seinem Posten begründet sein, urteilte der Europäische Gerichtshof.

Luxemburg (epd). Ein als betrieblicher Datenschutzbeauftragter tätiger Arbeitnehmer kann bei beruflichen Interessenskonflikten von seinem Amt abberufen werden. Ist er vom Arbeitgeber damit betraut worden, personenbezogene Daten, etwa von Kunden, zu verarbeiten oder legt er selbst den Zweck der Datenverarbeitung fest, kann das seiner neutralen Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter entgegenstehen, urteilte am 9. Februar der Europäische Gerichtshof (EuGH). Die Abberufung von dem Posten könne dann nach EU-Recht erforderlich sein, so die Luxemburger Richter.

Nach dem Bundesdatenschutzgesetz und der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) müssen Unternehmen einen Beauftragten vorweisen, wenn sich in der Regel mindestens 20 Mitarbeitende ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen. Das kann etwa in einer Personalabteilung oder bei der Verarbeitung von Kundendaten der Fall sein. Arbeitgeber müssen dann einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten beauftragen, der die Einhaltung des Datenschutzes gewährleistet.

Deutsches Recht ist restriktiver

Damit der betriebliche Datenschutzbeauftragte sein Amt auch ohne Einflussnahme ausüben kann, ist seine Abberufung nach deutschem Recht indes nur „aus wichtigem Grund“ zulässig. Das EU-Recht ist hier weniger streng.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte dem EuGH zwei Verfahren zur Prüfung vorgelegt. Im ersten Fall hatte der Kommunale Zweckverband für Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) seinen Datenschutzbeauftragten abberufen. Denn der sei selbst mit der Verarbeitung personenbezogener Daten befasst. Es könne daher ein Interessenkonflikt bestehen, wenn er selbst seine eigene Tätigkeit überwachen müsste.

Im zweiten Fall ging es um einen Betriebsratsvorsitzenden des Halbleiterherstellers X-Fab in Dresden, der gleichzeitig Datenschutzbeauftragter der Firma war. Auf Ersuchen des für Sachsen eigentlich nicht zuständigen Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit berief der Arbeitgeber den Mann mit sofortiger Wirkung von seinem Amt ab. Begründung auch hier: Er könne als Betriebsratsvorsitzender nicht unabhängig seine Datenschutztätigkeiten ausüben.

BAG wollte Klärung vor dem Hintergrund des EU-Rechtes

Das BAG wollte nun wissen, ob EU-Recht der Abberufung der Datenschutzbeauftragten entgegensteht und wie es sich sich zum strengeren deutschen Recht verhält.

Der EuGH urteilte, dass nationale Vorschriften durchaus strengere Voraussetzungen für die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten vorsehen dürfen. Allerdings müsse gewährleistet sein, dass dieser die in der DSGVO vorgeschriebenen Datenschutzaufgaben unabhängig erfüllen kann. Sei er neben seiner Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter selbst im Auftrag des Arbeitgebers mit der Verarbeitung personenbezogener Daten betraut, könne in der Tat ein Interessenkonflikt vorliegen. Die Abberufung als Datenschutzbeauftragter könne dann gerechtfertigt sein.

Das nationale Gericht müsse daher alle relevanten Umstände prüfen, die einen Interessenskonflikt begründen könnten. Es müsse gewährleistet sein, dass der Datenschutzbeauftragte die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche berufliche Qualifikation besitzt und seine Aufgaben im Sinne der DSGVO erfüllt. Nach diesen Vorgaben muss nun das BAG über die zwei Verfahren entscheiden.

BAG-Urteil sichert Job

Bereits am 25. August 2022 hatte das BAG geurteilt, dass Deutschland für betriebliche Datenschutzbeauftragte einen Sonderkündigungsschutz ähnlich wie bei Betriebsratsmitgliedern vorsehen darf. Es verstoße weder gegen EU-Recht noch gegen die im Grundgesetz verankerte Berufsfreiheit, wenn Arbeitgeber einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten nicht ordentlich kündigen können, so die Erfurter Richter auf Grundlage einer vorherigen Anrufung des EuGH.

„Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird dem Arbeitgeber genommen, selbst wenn der Kündigungssachverhalt nichts mit der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter zu tun hat“, heißt es in dem BAG-Urteil.

Das stelle zwar einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Arbeitgebers dar. Dem stünden aber „als besonders wichtig angesehene Ziele des Datenschutzes gegenüber“. Denn „durch den Sonderkündigungsschutz wird der Datenschutzbeauftragte vor einem Arbeitsplatzverlust bewahrt, der ihm - und sei es in verschleierter Form - wegen der Ausübung seiner Tätigkeit drohen kann“.

Az.: C-560/21 (EuGH KISA)

Az.: C-453/21 (EuGH Betriebsratsvorsitzender)

Az.: 2 AZR 225/20 (Bundesarbeitsgericht Sonderkündigungsschutz)

Frank Leth