München (epd). Beschäftigungsgesellschaften für langzeitarbeitslose und behinderte Menschen verlieren auch nach drei Jahren mit „erheblichen“ Gewinnen nicht automatisch ihre Gemeinnützigkeit. Damit der gemeinnützige Zweckbetrieb von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit werden kann, müssen die erbrachten Dienstleistungen aber ausschließlich auf die gemeinnützige Tätigkeit - hier eine Arbeitstherapie - zurückgehen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am 26. Januar veröffentlichten Urteil.
Im konkreten Fall hatte eine gewerbliche GmbH geklagt, die sich auf die Vollversorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen mit Mietwäsche spezialisiert hatte. Die vermietete Wäsche wurde zudem wieder gereinigt. Der Firma war ein nur zehn Kilometer entfernt ansässiger gemeinnütziger Wettbewerber ein Dorn im Auge.
Bei dem gemeinnützigen Zweckbetrieb handelte es sich um eine Beschäftigungsgesellschaft, in dem langzeitarbeitslose und behinderte Menschen in einer Großwäscherei tätig sein konnten. Die Betroffenen wurden im Rahmen einer Arbeitstherapie an eine regelmäßige Beschäftigung herangebracht und gefördert. Kunden waren ebenfalls Senioren- und Pflegeheime.
Der gewerbliche Kläger sah in dem gemeinnützigen Wettbewerber eine unfaire Konkurrenz, denn der sei wegen seiner Gemeinnützigkeit von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Damit liege eine Wettbewerbsverzerrung vor. Der Zweckbetrieb könne viel günstigere Preise anbieten und würde ihn vom Markt verdrängen. Dieser habe in den Jahren 2012 bis 2014 erhebliche Gewinne erwirtschaften können. Das sei mit der Gemeinnützigkeit nicht vereinbar, befand der Kläger.
Die GmbH beantragte beim Finanzamt, dass die gemeinnützige Großwäscherei als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingestuft werden müsse. Damit wäre eine Steuerbefreiung nicht mehr möglich.
Das Finanzamt lehnte das ab. Das Finanzgericht Düsseldorf stufte dagegen den gemeinnützigen Betrieb als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ein. Die Düsseldorfer Richter verwiesen auf die drei Jahre hintereinander erzielten „erheblichen“ Gewinne, die die Großwäscherei erwirtschaftet hatte.
Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts nun wieder auf und verwies das Verfahren zur erneuten Prüfung zurück. Auch wenn ein gemeinnütziger Zweckbetrieb drei Jahre hintereinander Gewinne erwirtschaftet habe, sei ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb nicht automatisch ausgeschlossen. Ein Zweckbetrieb dürfe durchaus Gewinne machen, wenn diese dem gemeinnützigen Zweck dienen, so der BFH.
Entscheidend sei hier, dass die erbrachten Dienstleistungen „das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind“. Es dürften dabei auch nicht förderungsbedürftige Mitarbeiter eingesetzt werden, vorausgesetzt, die sind zum Erreichen des gemeinnützigen Ziels „unbedingt notwendig“. „Darüber hinaus kommt es darauf an, ob der Wettbewerb mit anderen (steuerpflichtigen) Betrieben, die vergleichbare Lohnaufträge ausführen oder ausführen wollen, für die Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar ist“, urteilte der BFH.
Steht der gemeinnützige Zweckbetrieb in unmittelbaren Wettbewerb zu gewerblichen Unternehmen, hat das Auswirkungen auf die Umsatzsteuer. Wie der BFH in einem Urteil vom 23. Juli 2019 entschied, dürfen in solch einem Fall die gemeinnützigen Einrichtungen ihre Leistungen nicht mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von nur sieben Prozent anbieten. Grundsätzlich würden für Außenumsätze der volle Umsatzsteuersatz von 19 Prozent gelten, so die Münchener Richter im Fall des Trägers einer gemeinnützigen Werkstatt für behinderte Menschen.
Die hatte auch ein Bistro betrieben, in denen drei behinderte Langzeitarbeitslose tätig waren. Die Stellen wurden aus öffentlichen Mitteln gefördert. Für die Abgabe der Speisen in dem Bistro berücksichtigte der gemeinnützige Betrieb nur den ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Weil dort mindestens 40 Prozent der Beschäftigten behindert seien, sehe die Abgabenordnung und das Umsatzsteuergesetz den ermäßigten Umsatzsteuersatz vor, meinte die Einrichtung. Ähnliches gelte auch für Einrichtungen, die mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.
Der BFH urteilte jedoch, dass für gemeinnützige Zweckbetriebe der volle Umsatzsteuersteuersatz von 19 Prozent gelte, wenn sie in unmittelbaren Wettbewerb mit regulären Unternehmen stehen. Das sei „zwingende Vorgaben des Unionsrechts“. Die gegenteilige bisherige Praxis sei damit nicht vereinbar, hieß es.
Az.: V R 49/19 (Bundesfinanzhof, Großwäscherei)
Az.: XI R 2/17 (Bundesfinanzhof, Umsatzsteuersatz)