Hannover (epd). Die Krankenhäuser in Niedersachsachsen schlagen Alarm: Laut einer Umfrage der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) sind vier von fünf Kliniken (81,5 Prozent) in ihrer Existenz bedroht. Keine Klinik erwarte im Jahr 2023 eine positive wirtschaftliche Entwicklung, erklärte die NKG am 6. Januar in Hannover. Der NKG-Vorsitzende Hans-Heinrich Aldag forderte kurzfristig Hilfen zur Bewältigung der Inflationslasten und mittelfristig ein Finanzierungssystem, das die tatsächlichen Kostenentwicklungen sachgerecht abbilde.
Die NKG berief sich dabei auf eine Umfrage, an der sich 123 der 167 niedersächsischen Krankenhäuser beteiligt hatten. Danach befinden sich die Häuser in der schwierigsten wirtschaftlichen Situation seit Beginn der NKG-Umfragen im Jahr 2010. Wesentliche Gründe seien anhaltende Belastungen und Leistungsrückgänge durch die Corona-Pandemie sowie der Preisdeckel bei den Krankenhaus-Vergütungen. Gleichzeitig verzeichneten die Häuser massive Kostensteigerungen infolge der hohen Inflation und steigender Energiepreise.
Aldag sprach von einer existenziellen Krise der Krankenhäuser. Selbst bisher wirtschaftlich gesunde Kliniken gerieten in eine dramatische finanzielle Schieflage. Der Vorsitzende warnte vor erheblichen Risiken für die Erhaltung der flächendeckenden stationären Versorgung. Ohne eine sofortige und wirksame Unterstützung liefen die Kliniken Gefahr, auf massiven Inflationslasten sitzen zu bleiben. Die geplanten Hilfen des Bundes in Höhe von bundesweit sechs Milliarden Euro reichten nicht aus.
Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhaus-Strukturreform ist Aldag zufolge „keine Option“. Bis diese greife, seien viele Kliniken längst in die Insolvenz gegangen. Im Gegensatz zu anderen Branchen dürften Krankenhäuser ihre steigenden Ausgaben für Energie, medizinische Produkte, Medikamente, Lebensmittel und viele weitere Dienstleistungen nicht über höhere Preise ausgleichen.
„Bevor der von allen Seiten gewünschte Strukturwandel planvoll und systematisch umgesetzt werden kann, muss zunächst die völlig marode Finanzierungsbasis korrigiert werden“, mahnte Aldag. „Die aktuell geplante Umverteilung des Mangels wird zu keiner Verbesserung führen, sondern die Lage nur verschlimmern.“
Von den befragten Krankenhäusern klagten den Angaben zufolge 87,6 Prozent über steigende Sachkosten. Für Gas und Brennstoffe hätten sie im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr rund 67 Prozent mehr zahlen müssen, gefolgt von den um 43 Prozent erhöhten Strompreisen. Auch müssten die Häuser erheblich mehr für Lebensmittel, energieintensive Bereiche wie Wäschereien und den medizinischen Bedarf ausgeben.
Ein weiteres Problem seien die hohen Personalausfälle im Verlauf der Corona-Pandemie, hieß es weiter. Rund 87 Prozent der befragten Krankenhäuser hätten ihre Bettenzahl verringern müssen. Mehr als die Hälfte der Häuser (60,4 Prozent) hätten ganze Stationen schließen müssen. In acht von zehn Kliniken seien Operationen und Behandlungen verschoben worden. Die dadurch bedingten geringeren Einnahmen verschärften die bestehenden wirtschaftlichen Probleme zusätzlich.