sozial-Recht

Bundessozialgericht

Ausländische Heimbewohner können Passkosten erstattet bekommen



Kassel (epd). Ausländische, psychisch kranke Heimbewohner müssen die Kosten für eine Passbeschaffung nicht aus ihrem vom Sozialhilfeträger gewährten Taschengeld bezahlen. Die vom Heimatland erhobenen Gebühren für die Ausstellung eines neuen Passes sind dem „weiteren notwendigen Lebensunterhalt“ zuzuordnen und als Zuschuss zu übernehmen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 9. Dezember bekanntgegebenen Urteil vom Vortag. Heimbewohner könnten die Passkosten nicht aus ihrem vom Wohnheim ausgezahlten Taschengeld ansparen.

Geklagt hatte ein heute 44-jähriger Türke, der infolge von Drogenkonsums eine Schizophrenie entwickelt hatte und seit Oktober 2009 unter Betreuung steht. Der Kranke verfügt über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und lebt in einer Außenwohngruppe eines Wohnheims für psychisch Kranke. Vom Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen als überörtlichem Sozialhilfeträger erhält er für seine Unterbringung Eingliederungshilfe. 2012 bekam er zudem ein Taschengeld in Höhe von monatlich 101 Euro.

„Nicht vom Barbetrag zu decken“

Als der Mann einen neuen türkischen Pass benötigte und für die Ausstellung 162 Euro zahlen sollte, beantragte sein Betreuer für ihn die Erstattung der Passbeschaffungskosten. Aus dem Taschengeld könne der psychisch Kranke den Betrag nicht bezahlen oder ansparen.

Der Sozialhilfeträger bewilligte jedoch nur ein Darlehen. Mit zehn Euro monatlich sollte der Kläger das Darlehen von seinem Taschengeld zurückzahlen.

Das BSG verurteilte den LWV, die Passbeschaffungskosten zu erstatten. Dies könnten Ausländer beanspruchen, die „im Zeitpunkt des Bedarfsfalls in einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe“ leben. Die Passgebühren seien „dem weiteren notwendigen Lebensunterhalt“ zuzuordnen. „Dieser umfasst die dem Regelbedarf zuzuordnenden aktuellen Bedarfe, die ohne die stationäre Unterbringung als Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten wären und die von der Einrichtung selbst nicht erbracht werden und nicht vom Barbetrag (und der Bekleidungspauschale) zu decken sind“, urteilte das BSG.

Hartz-IV-Bezieher müssen Kosten tragen

Auf ein Darlehen müsse sich der Kläger nicht verweisen lassen. Denn anders als der Regelsatz bei Arbeitslosengeld-II-Empfänger sehe der Barbetrag für Bewohner einer stationären Einrichtung keine Ansparbeträge vor. Daher gebe es auch keine gleichheitswidrige Besserstellung gegenüber Ausländern, die nicht in einer stationären Einrichtung leben und den vollen Regelsatz erhalten.

Das BSG hatte am 29. Mai 2019 zu ausländischen Hartz-IV-Beziehern geurteilt, dass sie dagegen von der Sozialhilfe nicht die Übernahme der Passbeschaffungskosten verlangen können.

Az.: B 8 SO 11/20 R (Passbeschaffung, Eingliederungshilfe)

Az.: B 8 SO 14/17 R und B 8 SO 8/17 R (Passbeschaffung, Hartz-IV-Bezieher)