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Gesundheit

Bündnis: Rettungsdienst steht vor dem Zusammenbruch



Die Einsatzzahlen im Rettungsdienst sind hoch. Das Bündnis Pro Rettungsdienst sieht dafür strukturelle Ursachen. Es fordert Reformen an vielen Stellen.

Berlin (epd). Das neu gegründete Bündnis Pro Rettungsdienst fordert eine grundlegende Reform der Notfallversorgung außerhalb der Krankenhäuser. Der Rettungsdienst stehe vor dem Zusammenbruch, sagte Frank Flake vom Vorstand des Deutschen Berufsverband Rettungsdienst am 12. Dezember in Berlin. Die Arbeitsbedingungen im Rettungsdienst hätten sich in der jüngsten Zeit derart verschlechtert, dass es „eine nie dagewesene Berufsflucht“ gebe.

Ende der Transportpflicht gefordert

Zentrales Problem sei eine enorm gestiegene Einsatzzahl, vor allem für Bagatellerkrankungen oder -verletzungen, sagte Flake. Eine der Ursachen dafür sei, dass in den vergangenen Jahren die ambulante Versorgung nachgelassen habe. Die Strategie, immer mehr Rettungswagen in Dienst zu stellen, sei am Ende. Es gebe kein Personal mehr, sagte Flake.

Es sei nötig, Patientenströme zentral zu steuern, forderte Oliver Hölters von der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbands. Nach den Vorstellungen des Bündnisses könnten die Rettungsleitstellen sowohl Notrufe als auch Hilfeersuchen an den Ärztlichen Bereitschaftsdienst entgegennehmen und jeweils geeignete Hilfe entsenden.

Zugleich müsse die Transportpflicht entfallen, sagte Hölters. Bislang nämlich muss der Rettungsdienst in vielen Bundesländern jeden Menschen, der den Notruf wählt und in eine Klinik möchte, dorthin bringen, unabhängig davon, wie schwer erkrankt oder verletzt er ist. Die Rettungsleitstellen sollten stattdessen Gesundheitsberatung anbieten können, regte Hölters an.

„Bundesweiter Flickenteppich“

Der Rettungsdienst sei als Teil der Gesundheitsversorgung in das Sozialgesetzbuch V aufzunehmen, sagte Flake. Bislang gilt er nur als reine Transportleistung. Er forderte auch bundesweit einheitliche Kompetenzen für Notfallsanitäterinnen und -sanitäter. Bislang gebe es hier einen „bundesweiten Flickenteppich“, weil die jeweiligen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst in den Städten und Landkreisen selbst entscheiden, welche medizinischen Maßnahmen Beschäftigte im Rettungsdienst ergreifen dürfen. Das Rettungsdienstpersonal dürfe daher vielerorts nicht anwenden, was es gelernt hat, kritisierte Flake.

Die Gewerkschaft ver.di forderte eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit im Rettungsdienst auf 44 Stunden. Bislang seien vielerorts 48 Stunden pro Woche üblich. Eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit sei sinnvoll, sagte Flake, aber nur kurzfristig. Blieben die Einsatzzahlen so hoch wie derzeit, würde durch die Reduzierung nur die Personalnot vergrößert.

Dem Bündnis Pro Rettungsdienst gehört die Björn Steiger Stiftung, die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands, die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft, die Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften, der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst und die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbands an.

Nils Sandrisser


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