sozial-Politik

Lohnzuschlag

Auszahlung der Corona-Prämien sorgt für Unmut bei Pflegekräften




Krankenpflegerin wechselt Infusion
epd-bild/Heike Lyding
Die Corona-Prämien für Pflegekräfte sollten eigentlich die besonderen Leistungen dieser Berufsgruppe in der Pandemie belohnen. Doch die Beschäftigten in Kliniken und Heimen beklagen Willkür und Ungerechtigkeiten bei der Auszahlung der Lohnzuschläge.

Frankfurt a.M. (epd). Nach den schlechten Erfahrungen mit dem Corona-Bonus im ersten Pandemie-Jahr 2020 beklagen die Pflegekräfte bei der aktuellen Verteilung der Corona-Prämien für das Jahr 2021 Willkür und Ungerechtigkeiten. Die Bundesregierung verfehle ihr Ziel, mit einer Sonderzahlung von insgesamt einer Milliarde Euro die besondere Belastung der Arbeit mit Covid-Patientinnen und-Patienten zu honorieren. Das stellt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) nach „vielen Rückmeldungen beruflich Pflegender“ fest, wie er dem Evangelischen Pressedienst (epd) berichtete. Krankenhäuser und Einrichtungen der Altenpflege sind gesetzlich verpflichtet, die Corona-Prämien bis Jahresende an die Beschäftigten auszuzahlen.

Lange Liste mit Beschwerden

„Es hat bei dieser dritten Auflage eines Corona-Bonus kein Lerneffekt bei den politisch Verantwortlichen stattgefunden, sondern er erweist sich wieder als intransparent, willkürlich und Belegschaften spaltend“, kritisierte der Verband. Die Kolleginnen und Kollegen erlebten derzeit in den Betrieben eine ungerechte Verteilung des Lohnzuschlags.

Die Liste der Beschwerden, die Pflegekräfte ihrem Berufsverband geschickt haben, sei lang. So stößt beispielsweise auf Unverständnis, dass Krankenpflegehelferinnen im Unterschied zu ihren examinierten Kolleginnen keinen Bonus bekommen. „Das wird als ungerecht empfunden, wenn man miteinander und Hand in Hand auf derselben Station gearbeitet hat“, erklärte der Verband.

Der DBfK Nordwest mit Sitz in Hannover kritisiert: „Ein zu 50 Prozent freigestelltes Betriebsratsmitglied bekommt den Bonus nur zu 50 Prozent, obwohl Betriebsratstätigkeit nicht zu Nachteilen führen darf.“ Der Verband berichtet aus der Klinikpraxis über eine weitere negative Erfahrung: „Eine Krankenschwester aus der Notaufnahme wird wegen Personalmangels regelmäßig in die Akutstation beordert und hat dadurch mehr als 185 Tage auf einer bettenführenden Station gearbeitet. Laut Stellenplan gehört sie aber zur Notaufnahme und bekommt deswegen keinen Bonus.“ Der DBfK bilanziert enttäuscht: „Dieser Bonus ist von einem als wirklich wertschätzend empfundenen 'Wumms' weit entfernt.“

Beschäftigte teilweise leer ausgegangen

Die Gewerkschaft ver.di hatte schon im Frühjahr 2021 darauf hingewiesen, dass Pflegekräfte in der Altenpflege den Corona-Bonus für das Jahr 2020 nicht bekommen haben. Die Steuerberatungsgesellschaft ETL Advision (Berlin) hatte damals in einer aufwendigen Studie festgestellt, dass bundesweit nicht einmal 60 Prozent aller Berechtigten den Pflegebonus von ihren Arbeitgebern bis Ende 2020 erhalten hatten. „Wir bekommen noch E-Mails von Beschäftigten, die bis heute keine Prämie erhalten haben und fürchten, dass sie mit der neuerlichen Prämie 2022 wieder leer ausgehen“, sagte Matthias Gruß, ver.di-Gewerkschaftssekretär für die Altenpflege, dem epd.

Gruß nennt es „schändlich, wie hier mit Pflegekräften umgegangen wird, die seit mehr als 2,5 Jahren sich in dieser Pandemie physisch und psychisch aufreiben“. Dabei koste die Arbeitgeber die Prämie keinen Cent, da sie diese voll von den gesetzlichen Pflegekassen erstattet bekämen. „Die Pflegeeinrichtungen mussten den Kassen ausschließlich melden, wie viele Beschäftigte mit welchem Anspruch in ihren Einrichtungen arbeiten.“ Auf dieser Basis bekommen sie eine Vorauszahlung, die sie mit dem Lohn auszahlen müssen.

Nach dem im Sommer dieses Jahres beschlossenen Gesetz der Ampel-Koalition soll Pflegekräften in der Altenpflege und in Krankenhäusern für ihre besonderen Leistungen im Corona-Jahr 2021 ein Bonus gezahlt werden. Sie erhalten insgesamt eine Milliarde Euro aus Bundesmitteln. Die Summe wird zu gleichen Teilen auf beide Bereiche verteilt.

Auszahlung spätestens bis zum 31. Dezember

Arbeitgeber in der Altenpflege sind verpflichtet, den Pflegekräften den Bonus unverzüglich nach Erhalt der Vorauszahlung von den Pflegekassen zum 30. September 2022, spätestens aber bis zum 31. Dezember 2022 auszuzahlen. In der Altenpflege erhalten Vollzeitbeschäftigte in der direkten Pflege und Betreuung den höchsten Bonus in Höhe von bis zu 550 Euro.

Krankenhäuser sollen den Bonus innerhalb von vier Wochen nach Auszahlung durch den GKV-Spitzenverband an die Pflegekräfte auszahlen. Der GKV-Spitzenverband hat die Bundesmittel in Höhe von 500 Millionen Euro anhand einer Liste des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) an alle 837 anspruchsberechtigten Krankenhäuser Anfang Oktober 2022 vollständig weitergeleitet, wie der Verband dem epd mitteilte. „Die Krankenhäuser hatten die Prämienbeträge folglich an die Pflegefachkräfte und Intensivpflegefachkräfte auszuzahlen“, erklärt der Verband der gesetzlichen Krankenkassen.

Kontrolle in der Jahresabschlussprüfung

Das Bundesgesundheitsministerium rechnet nach eigenen Angaben damit, dass in den Krankenhäusern mehr als 204.000 Pflegefachkräfte einen Bonus erhalten und mehr als 25.000 Intensivpflegefachkräfte. Die Auszahlung der Corona-Prämien für 2021 werde streng geprüft: „Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass Arbeitgeber für den Pflegebonus bis spätestens zum 15. Februar 2023 zusätzlich zu erklären haben, an wie viele Beschäftigte und zu welchem Zeitpunkt die Bonusauszahlungen erfolgt sind“, teilte das Ministerium mit.

Nach Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes wird im weiteren Verlauf des Verfahrens durch Jahresabschlussprüfer geprüft, ob die Bundesmittel zweckentsprechend verwendet wurden. Sofern das nicht geschehen sei, seien diese Beträge bis Ende Dezember 2023 an den GKV-Spitzenverband zurückzuzahlen. Am Ende gingen die zurückgezahlten Beträge an den Bund. Die Pflegekräfte würden also bei Fehlverhalten ihrer Arbeitgeber leer ausgehen. Um das zu verhindern, können sie, wie ver.di mitteilte, ihren Arbeitgeber verklagen.

Markus Jantzer