sozial-Thema

Bürgergeld

Hintergrund

Was sich gegenüber Hartz IV ändern soll



Berlin (epd). Das Bürgergeld soll die Grundsicherung (Hartz IV) ablösen und ist eines der wichtigsten Vorhaben der Ampel-Koalition. Die Union hat über den Bundesrat Änderungen bei den Sanktionen, beim Schonvermögen und der Karenzzeit durchgesetzt. Wenn Bundestag und Bundesrat voraussichtlich am 25. November dem Ergebnis des Vermittlungsverfahrens zustimmen, wird das Bürgergeld zum 1. Januar 2023 eingeführt. Die Reform betrifft knapp fünf Millionen Leistungsbezieherinnen und -bezieher sowie 405 Jobcenter mit fast 75.000 Beschäftigten. Die wichtigsten Punkte:

MEHR GELD: Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen steigt zum 1. Januar 2023 um 53 Euro von 449 Euro auf 502 Euro. Künftig soll im Voraus statt im Nachhinein die Inflation bei der jährlichen Anpassung der Regelsätze berücksichtigt werden. Lebenspartner oder -partnerinnen sollen 451 Euro (bisher 404 Euro) bekommen, Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren 420 Euro (bisher 376 Euro). Für 6- bis 13-Jährige steigt der Satz auf 348 Euro (bisher 311 Euro) und für Kleinkinder bis fünf Jahre auf 318 Euro (bisher 285 Euro).

KARENZZEIT: Bürgergeld-Bezieherinnen und Bezieher können im ersten Jahr in ihrer Wohnung bleiben, auch wenn sie eigentlich zu groß ist. Angemessene Heizkosten werden übernommen. Ersparnisse bis zu 40.000 Euro müssen in der Karenzzeit nicht für den Lebensunterhalt verwendet werden, für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen 15.000 Euro hinzu. Die Regeln, die derzeit noch wegen der Corona-Pandemie gelten, sind großzügiger, die alten Hartz-IV-Regeln waren strenger.

ERSPARNISSE: Das auf Dauer gewährte Schonvermögen wird erhöht. Künftig bleiben Ersparnisse bis zu 15.000 Euro pro Person geschützt, bisher sind es 150 Euro pro Lebensjahr - bei einer 40-jährigen Person beispielsweise also 6.000 Euro.

SANKTIONEN: Die Vertrauenszeit aus dem Ampel-Gesetzentwurf kommt nicht: Die Union hat durchgesetzt, dass von Anfang an Sanktionen verhängt werden können: Eine Leistungskürzung von 10 Prozent für einen Monat beim ersten Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten, 20 Prozent für zwei Monate beim zweiten Mal und 30 Prozent für drei Monate beim dritten Mal. Wohnkosten müssen weiterhin bezahlt werden. Die bereits in der Corona-Pandemie ausgesetzten schärferen Sanktionen für Unter-25-Jährige werden endgültig abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 Kürzungen von mehr als 30 Prozent für unzulässig erklärt.

JOBVERMITTLUNG / SOZIALER ARBEITSMARKT: Leistungsbezieher müssen künftig nicht mehr jeden Job annehmen, sofern eine Aus- oder Weiterbildung bessere Chancen verspricht. Es gibt ein monatliches Weiterbildungsgeld von 150 Euro und Prämien für Abschlüsse. Berufsausbildungen werden bis zu drei Jahre lang gefördert. Die bisher bis 2024 befristete mehrjährige Förderung von Langzeitarbeitslosen bei einer Arbeitsaufnahme („Sozialer Arbeitsmarkt“) wird entfristet.

HINZUVERDIENST / EHRENAMT: Wer oberhalb der Minijob-Grenze (520 Euro) bis zu 1.000 Euro hinzuverdient, kann 30 statt 20 Prozent der Einkünfte behalten. Schüler und Studierende können künftig den Lohn aus einem Minijob behalten, statt bisher weniger als 200 Euro. Auszubildenden bleiben von der Ausbildungsvergütung künftig mehr als 600 Euro. Wer ein Ehrenamt hat, behält mehr von der Aufwandsentschädigung.

RENTE: Bisher konnten Jobcenter für Hartz-IV-Bezieherinnen und -Bezieher, wenn sie 63 Jahre alt wurden, einen Rentenantrag stellen - was hohe Abschläge zur Folge hat. Diese „Zwangsverrentung“ soll - zunächst befristet bis Ende 2026 - nicht mehr möglich sein. Künftig ist eine private Altersvorsorge von Selbstständigen geschützt, unabhängig von der Anlageform. Bisher sind Riester- und Rürup-Renten geschützt, sowie Betriebsrenten und Lebensversicherungen, die bis zum Rentenalter laufen.

WENIGER BÜROKRATIE: Es wird eine Bagatellgrenze von 50 Euro für Rückforderungen der Jobcenter eingeführt. Die Meldung für Abwesenheiten vom Wohnort soll unkomplizierter werden.

Bettina Markmeyer