sozial-Recht

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Keine Polizeikontrolle allein wegen dunkler Hautfarbe



Straßburg (epd). Eine Polizeikontrolle allein wegen der dunklen Hautfarbe eines Bahnreisenden weist auf eine diskriminierende Identitätsüberprüfung hin. Führt der Reisende an, dass er und seine Tochter offenbar wegen seiner ethnischen Herkunft von der Bundespolizei kontrolliert wurde, müssen deutsche Gerichte eine mögliche Diskriminierung und Verletzung des Rechts auf Privatleben prüfen, urteilte am 18. Oktober der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg.

Anlass des Rechtsstreits war eine Personenkontrolle der Bundespolizei am 26. Juli 2012 in einem Zug, der aus Tschechien nach Deutschland kam. In dem Waggon saß auch der in Berlin lebende deutsche Kläger indischer Abstammung mit seiner Tochter. Die Polizisten führten nur bei ihnen stichprobenhaft eine Identitätskontrolle durch und begründeten das damit, dass in dem Zug häufiger Zigaretten geschmuggelt würden. Einen konkreten Verdacht hatten die Beamten nicht gegen sie.

Keine anderen Personen kontrolliert

Der Mann fühlte sich diskriminiert. Er sei offensichtlich allein wegen seiner dunklen Hautfarbe kontrolliert worden. Andere Personen seien von der Kontrolle verschont geblieben. Vor deutschen Gerichten wollte er die Rechtswidrigkeit der Kontrolle feststellen lassen.

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) wies die Klage des Berliners als unzulässig ab. Identitätskontrollen nach dem Grenzübertritt seien weder ungewöhnlich noch stigmatisierend. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Deutsche Gerichte müssen Vorfälle untersuchen

Doch damit wurde der Kläger in seinem Recht auf Achtung der Privatsphäre verletzt und auch gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, urteilte nun der EGMR. Ob der Kläger allein wegen seiner ethnischen Herkunft kontrolliert wurde, könne zwar nicht belegt werden. Werde jedoch ohne konkreten Anlass allein eine Person mit dunkler Hautfarbe von der Polizei kontrolliert, bestehe der Verdacht des sogenannten Racial Profilings, bei dem die Polizei zu kontrollierende Personen nach körperlichen und eth-nischen Merkmalen auswählt.

Das dürften Gerichte nicht ignorieren, forderte der EGMR. Zu prüfen sei, ob rassistische Motive, ethnischer Hass oder Vorurteile eine Rolle bei der Kontrolle gespielt haben. Hierzu hätten die Gerichte etwa die Polizisten und die Tochter als Zeugen anhören müssen. Weil der Kläger keine Entschädigung beantragt hatte, musste der EGMR auch keine Zahlung festlegen.

Az.: 215/19