Erfurt (epd). Eine einmal gewählte Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb muss ihr Amt wegen einer gesunkenen Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter nicht niederlegen. Es gebe keine ausdrückliche Regelung, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter dem maßgeblichen Schwellenwert von fünf vorsehe, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Mittwoch in Erfurt.
Nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX werden in Betrieben und Dienststellen, in denen mindestens „fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind“, alle vier Jahre eine Vertrauensperson für das Amt der Schwerbehindertenvertretung und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt. Zur Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung gehört die Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb. Der Arbeitgeber trägt laut Gesetz die Kosten der Amtsführung, „soweit diese für die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung erforderlich sind“.
Im konkreten Fall wurde in einem Kölner Betrieb mit rund 120 Mitarbeitern im November 2019 für vier Jahre eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Damals gab es genau fünf schwerbehinderte Beschäftigte, so dass gerade noch der Schwellenwert für eine Schwerbehindertenvertretung erfüllt war. Als im August 2020 die Zahl auf vier sank, meinte der Arbeitgeber, dass die Schwerbehindertenvertretung damit ihr Amt verliere. Die Schwerbehindertenvertretung in einem anderen Betrieb könne stattdessen einspringen.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln stimmte der Auffassung des Arbeitgebers noch zu. Das BAG hob diese Entscheidung nun aber auf. Das Amt der Schwerbehindertenvertretung sei wegen des Absinkens der Zahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert von fünf nicht vorzeitig beendet worden. Eine ausdrückliche Regelung, die dies vorsieht, gebe es nicht, erklärten die Erfurter Richter. Auch im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwertes sei dies nicht geboten.
Bleibt es allerdings in dem Betrieb bei der Anzahl von vier schwerbehinderten Beschäftigten, müsse nach Ablauf der Amtszeit keine Schwerbehindertenvertretung mehr gewählt werden.
Az.: 7 ABR 27/21