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Energiekosten

Böckler-Stiftung: Gaspreisbremse entlastet Reiche stärker




Gasflamme
epd-bild/Heike Lyding
Die geplante Gaspreisbremse nutzt Vielverbrauchern und Gutverdienerinnen mehr als Sparsamen und Ärmeren. Das geht aus Rechnungen der Böckler-Stiftung hervor. Wirtschaftsminister Habeck, sagt, das sei vermutlich der Preis für eine schnelle Regelung.

Berlin (epd). Die vorgeschlagene Gaspreisbremse entlastet Haushalte nach Berechnungen von Experten mehr als Haushalte mit wenig Geld. Wie das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung für die Wochenzeitung „Die Zeit“ analysierte, bekommen die ärmsten zehn Prozent der Haushalte durch die Gaspreisbremse im Schnitt 893 Euro im Jahr erstattet und damit ihre Heizrechnung fast halbiert. Bei den reichsten zehn Prozent wären es im Schnitt 1.397 Euro. Die Analyse geht von Ein-Personen-Haushalten und einem Gaspreis von 25 Cent je Kilowattstunde aus.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Gaskommission hatte in ihrem am 10. Oktober vorgestellten Bericht eine Gaspreisbremse vorgeschlagen, mit der der Gaspreis für 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs auf 12 Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden soll. Der Besitzer einer Villa mit Pool und einem Verbrauch von 90.000 Kilowattstunden im Jahr erhielte nach den Berechnungen des IMK eine Erstattung von 9.648 Euro im Jahr. Beim Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mit einem Verbrauch von 11.000 Kilowattstunden jährlich sind es 1.179 Euro.

Keine Informationen über Haushaltsgrößen

Dieses Gerechtigkeitsproblem zu lösen sei nicht einfach, weil es keine Informationen über Haushaltsgrößen gibt, die man schnell nutzen könnte, erläuterte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien, auf Nachfrage. Den Versorgungsunternehmen lägen keine Informationen vor, ob hinter einem Anschluss einer Villa mit Privatschwimmbad oder ein Mehrfamilienhaus mit zehn Mietsparteien stecke.

Die Gaskommission habe diese Problematik erkannt und deshalb einen deutlichen Prüfauftrag an die Bundesregierung gegeben, wie man die Entlastung zumindest bei Haushalten mit extremem Energieverbrauch begrenzen kann, führte Dullien aus: „Eine im Kommissionsbericht genannte Möglichkeit wäre eine Höchstzahl an Kilowattstunden, die als Grundkontingent gutgeschrieben werden.“ Die Regierung dürfe diesen Auftrag jetzt nicht ignorieren, „sonst droht am Ende eine soziale Schieflage der Entlastungen und Skandalisierungspotenzial durch Populisten“, sagte er.

„Regierung hat Gerechtigkeit im Blick“

Die Regierung habe die soziale Gerechtigkeit im Blick, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am 12. Oktober in Berlin. Es solle aber eine schnelle Regelung geben. In der Abwägung entweder zielgenau bei der Gerechtigkeit zu sein, dadurch aber Zeit zu verlieren, oder mit einer pauschalen Lösung schnell zu sein, habe sich die Kommission für „Pauschalität und Geschwindigkeit“ entschieden, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der sich hinter den Vorschlag der Kommission stellte. „Auch wenn das Diskussionen nach sich zieht, andersrum wäre es schlechter“, sagte er. Eine Auszahlung erst im nächsten Sommer „wäre nicht gut“, betonte er.

Die geplante Gaspreisbremse war auch Thema im Bundestag. Der SPD-Parlamentarier Matthias Miersch sagte mit Blick auf mögliche Ungerechtigkeiten, dass hier etwa eine Obergrenze ab einem bestimmten Gehalt bei der Förderung denkbar wäre oder auch eine Besteuerung über einen gewissen Steuersatz.

Der CDU-Abgeordnete Andreas Jung sagte, es dürfe bei der staatlichen Unterstützung keine „Schieflage“ geben für jene, die mit Strom, Öl oder Pellets heizten. Er warf der Bundesregierung zugleich vor, verspätet zu handeln. Weil eine Gaspreisbremse erst ab kommendem März gelten will, schlägt die Gaskommission in ihrem Bericht zudem eine Einmalzahlung für Gaskunden im Dezember vor.

Corinna Buschow, Markus Jantzer