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Energiekosten

Branche begrüßt Vorschlag eines Hilfsfonds für soziale Einrichtungen




Eva Maria Welskop-Deffaa
epd-bild/Heike Lyding
Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen äußern sich erleichtert über den Vorschlag der Gaskommission, die Sozialbranche angesichts der hohen Teuerungsrate mit einem Hilfsfonds zu unterstützen. Viele Einrichtungen seien in einer "sehr ernsten Lage".

Berlin (epd). Der Deutsche Caritasverband hat die Empfehlung der Gas-Kommission begrüßt, einen Hilfsfonds für soziale Dienstleister einzurichten. Die Kommission begründet die Notwendigkeit einer gesonderten Finanzhilfe für die Sozialbranche damit, dass die Gaspreisbremse, die ab Frühjahr kommen soll, nicht die notwendigen Entlastungen für die Dienste und Einrichtungen schaffen werde.

Versorgung der vulnerablen Personen

Dadurch zu befürchtende Angebotseinschränkungen der Sozialeinrichtungen sind aber nach Ansicht der Kommission „gesellschaftlich nicht vertretbar“, denn die soziale Infrastruktur sei ein „zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge“. Dieser „muss in der Krise abgesichert werden, um die Versorgung der vulnerablen Personengruppen sicherzustellen“, heißt es in den am 10. Oktober in Berlin vorgestellten Empfehlungen der Kommission.

Die Caritas hält den vorgeschlagenen Hilfsfonds für unerlässlich. „Dass noch nicht alle Details ausgearbeitet sind, liegt schlichtweg am Zeitdruck, der bei der Arbeit der Kommission herrschte“, erklärte die Präsidentin des katholischen Wohlfahrtsverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, am 11. Oktober dem Evangelischen Pressedienst (epd). Welskop-Deffaa gehört der Gas-Kommission an.

Die Expertinnen und Experten der Gas-Kommission erklären in ihrem Papier: „Die Gaspreisbremse führt in ihrer Mechanik dazu, dass die Energiekosten auch für die sozialen Dienstleister (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Reha-Kliniken, Sozialkaufhäuser etc.) 2023 weiter spürbar über den Werten liegen, die Vergütungs- und Kostenerstattungsregelungen der Refinanzierung zugrunde gelegt wurden.“ Langwierige Verhandlungen und Schiedsstellenverfahren um Refinanzierungsmöglichkeiten zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern müssten vermieden werden, um Liquiditätsengpässe, Insolvenzen und Leistungseinschränkungen zu verhindern.

Vorschlag des DRK zur Ausgestaltung des Hilfsfonds

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat die Vorschläge der Gas-Kommission zur finanziellen Entlastung der sozialen Dienste und Einrichtungen ebenfalls begrüßt. „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass die Regierungskommission einen Hilfsfonds für soziale Dienstleister vorschlägt“, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt am 12. Oktober in Berlin. „Der Zwischenbericht erkennt die sehr ernste Lage an, in der viele Einrichtungen sind.“

Hasselfeldt forderte von der Bundesregierung eine rasche Umsetzung der Empfehlung. „Einige Einrichtungen haben bereits deutlich gemacht, dass sie nicht mehr lange durchhalten. Das hätte gravierende Folgen für die Menschen vor Ort“, warnte Hasselfeldt.

Das DRK macht selbst einen Vorschlag zur Ausgestaltung des Hilfsfonds. Danach sollen gemeinnützige soziale Einrichtungen einen Jahreszuschuss erhalten, der sich an der Betriebskostendifferenz zwischen 2021 und 2022 orientiert und Mehrbelastungen ausgleicht. „Der von uns vorgeschlagene Ansatz ist ein sehr gangbarer Weg. Er ist vor allem mit sehr wenig Bürokratie verbunden“, sagte Hasselfeldt.

Gaspreisbremse frühestens ab März

Die Preissteigerungen bei den sozialen Dienstleistern gehen nach Angaben des DRK über die Gaspreiserhöhungen deutlich hinaus. So seien erhebliche Kostensteigerungen auch für Lebensmittel, Dienstleistungen wie etwa Wäschereien sowie für Personal zu erwarten. Auch für diese Preissteigerungen müsse es Unterstützung geben, sonst sei die Schließung von Einrichtungen der gesundheitlichen und sozialen Daseinsvorsorge zu befürchten.

„Am Ende geht es um den Erhalt von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Kitas und vieles mehr und damit um grundlegende Strukturen des gesellschaftlichen Zusammenlebens“, sagte die DRK-Präsidentin.

Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), sagte, die Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe bräuchten eine schnelle und unkomplizierte Direkterstattung der enorm gestiegenen Energiepreise. „Mit einer solchen Lösung würden auch die Pflegebedürftigen vor weiteren massiven Kostensteigerungen bewahrt.“

Wenn die Kommission von langfristig höheren Energiepreisen ausgehe, müssten zudem schnelle Nachverhandlungen mit den Kostenträgern beginnen, um die aktuellen und zukünftigen Energie- sowie Lebensmittel- und Kostensteigerungen in der Refinanzierung abzubilden, so Meurer. Einzelverhandlungen für viele tausend Pflegeeinrichtungen seien nicht realistisch, „deshalb muss es hier kollektive Verfahren zum Beispiel wie im Bundesland Niedersachsen geben“.

Nach dem Vorschlag der Gaspreiskommission soll der Gaspreis durch einen staatlichen Zuschuss auf zwölf Cent pro Kilowattstunde sinken - aber lediglich für 80 Prozent des geschätzten bisherigen Verbrauchs, um weiter einen Sparanreiz zu geben. Da die Gaspreisbremse erst im März oder April greifen soll, ist für Dezember eine Einmalzahlung geplant. Für die Industrie soll es ab Januar einen Preisdeckel geben. Über die Umsetzung der Kommissionsvorschläge muss die Bundesregierung entscheiden.

Die Kommission schätzt die Kosten für ihren Vorschlag auf 90 bis 95 Milliarden Euro, rund 65 Milliarden Euro davon kämen Haushalten und kleinen Unternehmen zugute, 25 Milliarden Euro der Industrie.

Markus Jantzer