Berlin (epd). Im Kampf gegen Wohnungslosigkeit stärkt das Land Berlin seine Wohnungsprojekte für Obdachlose. Zwei bestehende Modellprogramme werden verstetigt, sagte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am 10. Oktober in der Hauptstadt. Für die Projekte „Housing First“ und „Housing First für Frauen“ stellt Berlin demnach zwischen 2022 und 2023 insgesamt 6,1 Millionen Euro zur Verfügung. Das entspreche einer Verdoppelung der Mittel, sagte Kipping bei der Einweihung neuer Büroräume des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF).
Die Projektarbeit sei mit dem Einzug in eine Wohnung nicht beendet, sagte Kipping unter Hinweis auf den Bedarf an Beratung und psychologischer Betreuung der Betroffenen. Künftig werde das Angebot auf Frauen mit Kindern ausgeweitet. Die Auswertung der auf drei Jahre angelegten Modellprojekte habe eine hohe Wohnstabilität und Zufriedenheit aller Beteiligten ergeben.
Gerade bei Frauen gebe es „versteckte Obdachlosigkeit“, sagte Kipping weiter. Diese sei häufig „nicht sichtbar im öffentlichen Raum“. Vielfach übernachteten Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt getrennt von ihren Kindern, um ihnen die städtischen Unterkünfte für obdachlose Menschen nicht zuzumuten.
Wohnungslosenarbeit für Obdachlose aus dem EU-Ausland sei „eines der schwersten Felder“, sagte Kipping. Das Problem könne nicht auf Landesebene allein gelöst werden. In diesem Bereich bestehe Handlungsbedarf auch auf Bundesebene. Die Betroffenen haben häufig keinen Anspruch auf Sozialleistungen.
„Housing First“ vermittelte nach Angaben des Sozialdiensts katholischer Frauen (SkF) im Rahmen des Pilotprojekts 45 Wohnungen an Männer und Frauen. Bis Ende kommenden Jahres werde die Zahl auf 120 steigen, sagte Elke Ihrlich vom SkF, der das Programm gemeinsam mit der Berliner Stadtmission und der Neue Chance gGmbH betreibt. Über das allein vom SkF betriebene Programm „Housing First für Frauen“ hätten 50 weitere Betroffene einen Mietvertrag erhalten. Deren Zahl soll bis Ende 2023 auf 115 steigen.
Insgesamt 300 Frauen befinden sich laut SkF auf der Warteliste, davon 100 mit Kindern. Viele Betroffene übernachten in Autos oder Wohnwagen.
Sämtliche Frauen, die über das Projekt einen Mietvertrag vermittelt bekommen haben, hätten die Wohnungen in den vergangenen drei Jahren halten können, sagte Ihrlich weiter. Betroffene, die über einen langen Zeitraum obdachlos gewesen seien, müssten erst wieder lernen, in einer Wohnung zu leben. Dafür seien Beratung und psychologische Betreuung wichtig. Überdies sei es gelungen, die Frauen in Kontakt zu den Herkunftsfamilien zu bringen. Grund für Obdachlosigkeit sei vielfach ein fehlendes soziales Netz. Ziel der Angebote sei es, dass die Betroffenen sich selbst stabilisieren lernten.
„Housing First für Frauen“ betreut den Angaben zufolge Betroffene im Alter zwischen 20 und 76 Jahren, darunter ehemalige Berufstätige und Frauen, die noch nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Viele von ihnen hätten unbehandelte psychische Erkrankungen, berichtete Ihrlich. Vor diesem Hintergrund forderte sie einen Ausbau der Unterkünfte, die täglich rund um die Uhr geöffnet sind, in denen die Obdachlosen nicht am Morgen das Haus verlassen müssen.