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Corona

Lauterbach und Verbände einig über Schutz der Pflegeheimbewohner




Altenpflegerin mit Heimbewohner
epd-bild/Matthias Rietschel
Vordergründig herrscht Einigkeit, doch die Debatten gehen weiter. Gesundheitsminister Lauterbach und die Pflegebranche wollen Heimbewohner weiter gezielt vor Corona schützen. Doch die Kritik an der Maskenpflicht in den Einrichtungen verstummt nicht.

Berlin, Duisburg (epd). Pflege- und Kommunalverbände haben sich mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) darauf verständigt, die Corona-Schutzmaßnahmen für Pflegebedürftige und die Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung auch in diesem Winter in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit zu stellen. Man wolle die Einrichtungen und Dienste sowie deren Mitarbeitende bei den kommenden Herausforderungen unterstützen, heißt in der gemeinsamen Erklärung, die Lauterbach am 6. Oktober in Berlin vorstellte. Im Wesentlichen geht es darin um die Neuerungen durch die jüngste Reform des Infektionsschutzgesetzes.

Lauterbach sagte, man habe zusammen mit allen Verantwortlichen in der Pflege ein gemeinsames Verständnis entwickelt, wie der Gefahr von Infektionen begegnet werden könne, ohne die Pflegekräfte zu überlasten oder Pflegebedürftige auszugrenzen.

Schutzkonzepte werden fortgeführt

Vereinbart wurde im Einzelnen, dass Schutz- und Hygienekonzepte fortgeführt werden. Die Einrichtungen müssen Beauftragte bestimmen, die sich um Hygieneanforderungen, Corona-Impfungen, Tests für Personal, Besucher und Bewohnerinnen sowie die Bereitstellung antiviraler Medikamente kümmern. Zur Verringerung der Corona-Bürokratie werden regelmäßige Meldungen an die Gesundheitsämter über die Impfquoten in den Heimen vereinfacht. Festgelegt wurde außerdem, dass Besuche nicht eingeschränkt werden und Schutzmaßnahmen nicht zur Isolation von Gruppen oder einzelnen Personen führen dürfen.

Keine Angaben macht die Erklärung dazu, ob die Corona-Impfpflicht für das Personal Ende des Jahres tatsächlich auslaufen soll. Sie geht auch nicht auf die Proteste gegen die Maskenpflicht für Bewohnerinnen und Bewohner ein, die seit Anfang Oktober nach Paragraf 28b des Infektionsschutzgesetzes bundesweit für den Aufenthalt in Gemeinschaftsräumen gilt.

NRW lässt viel Spielraum in der Umsetzung

Die Ruhrgebietskonferenz-Pflege, ein Zusammenschluss von 40 Pflegeeinrichtungen in der Region, hatte zuvor darauf gehofft, dass die umstrittene Regelung im Infektionsschutzgesetz, wonach Heimbewohner außer in den „für ihren dauerhaften Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten“ Maske tragen müssen, wieder zurückgenommen wird. Zumal offenbar manche Bundesländer bei der Auslegung des Gesetzes einen weiten Spielraum sehen.

Die Pflegeanbieter begrüßten den Erlass von NRW-Gesundheitsminister Karl Laumann (CDU) zur Auslegung des Infektionsgesetzes. Darin halte Laumann den Verzicht auf das Tragen einer Maske in Aufenthaltsräumen für vertretbar. „Wir freuen uns, dass Minister Laumann den Begriff der Privaträume weit auslegt und nicht der politisch motivierten Panik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach folgt“, sagte Thomas Eisenreich als Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege am 5. Oktober in Köln. Laumann hatte in einem am 30. September veröffentlichten Erlass die zuständigen Aufsichtsbehörden der Kommunen auf „Auslegungsmöglichkeiten“ des Gesetzes hingewiesen.

„Unzumutbare Belastungen“

Auch der Vize-Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Sachsen-Anhalt hält die seit 1. Oktober geltende Maskenpflicht für Pflegeheimbewohner für unsinnig und kaum umsetzbar. „Die Regelungen schießen weit über das Ziel hinaus“, sagte Marcel Kabel dem MDR: „Menschen mit Behinderungen oder hohem Pflegebedarf werden hier unzumutbaren Belastungen ausgesetzt.“

Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz kritisierte ebenfalls, dass der Bundesgesundheitsminister auf eine radikale Maskenpflicht setzt. „Er greift damit massiv in die verfassungsgemäßen Grundrechte der 810.000 Pflegeheimbewohner ein“, sagte Brysch. Zudem werde ignoriert, dass die Lebensgestaltung der pflegebedürftigen Menschen auch in gemeinschaftlich genutzten Räumen stattfindet. Gemeinschaftsküchen, Aufenthalts- und Fernsehräume seien Teil der Privatwohnung.

Bettina Markmeyer, Dirk Baas