Lüneburg (epd). Ein sozialtherapeutisches Zentrum ist in einem allgemeinen Wohngebiet erlaubt. Dem Bau steht auch nicht entgegen, dass in der Einrichtung Menschen mit einer Neigung zur Selbstgefährdung untergebracht werden sollen, entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg in einem am 26. September bekanntgegebenen Beschluss.
Damit kann ein sozialtherapeutisches Zentrum in einem allgemeinen Wohngebiet der südwestnieder-sächsischen Gemeinde Bad Eilsen gebaut werden. In der Einrichtung sollen 41 Bewohnerinnen und Bewohner untergebracht werden. 17 Plätze davon sind für Menschen vorbehalten, die aufgrund einer seelischen oder geistigen Behinderung oder Erkrankung ein selbstgefährdendes Verhalten an den Tag legen können.
Eine Anwohnerin wollte den Bau gerichtlich stoppen. Solch eine Einrichtung, in der auch Menschen mit selbstgefährdenden Verhalten untergebracht werden, sei in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig. Sie fürchtete zudem Lärmbelästigungen und eine Gefahr für andere.
Doch „der Wunsch, von einem Aufenthalt von Menschen mit seelischen oder geistigen Behinderungen in unmittelbarer Umgebung des eigenen Grundstücks verschont zu bleiben, hat keine baurechtliche Relevanz“, stellte das OVG klar. Ein solcher Wunsch sei vielmehr „mit dem Gebot der Achtung der Menschenwürde unvereinbar“.
Ein sozialtherapeutisches Zentrum diene der Unterbringung von Menschen mit Behinderungen. Es sei „als Anlage für soziale Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig“. Dass es hier auch um Menschen gehe, die aufgrund eines betreuungsgerichtlichen Gerichtsbeschlusses in die Einrichtung kommen, ändere daran nichts. Auch dann stehe „die Fürsorge für die Menschen und deren Wohl im Vordergrund“.
Zwar seien Einrichtungen des Justiz- oder Maßregelvollzugs in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig, wenn die dort untergebrachten Menschen Dritte gefährden können. Bei dem im Streit stehenden sozialtherapeutischen Zentrum würden aber nur Menschen mit einer Eigen- und nicht mit einer Fremdgefährdung untergebracht. Von ihnen ausgehende unzumutbare Beeinträchtigungen seien nicht ersichtlich. Die „Lebensäußerungen psychisch erkrankter Bewohner“ seien auch in einem allgemeinen Wohngebiet hinzunehmen. Anderes gelte nur, wenn diese insbesondere nachts ein „unzumutbares Ausmaß“ annehmen, so das OVG
Az.: 1 ME 90/22