Karlsruhe (epd). Mieterinnen und Mieter können bei selbst verursachten Schäden an der Wohnung während der laufenden Mietzeit nicht auf Verjährung hoffen. Erst nach Rückgabe der Wohnung an den Vermieter hat der Eigentümer sechs Monate Zeit, mögliche Ansprüche zu prüfen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 5. Oktober veröffentlichten Urteil. Danach tritt die Verjährung ein, so die Karlsruher Richter.
Im verhandelten Fall hatte ein Ehepaar 1981 in Berlin eine Wohnung im vierten Obergeschoss gemietet. Kurz nach dem Einzug ließen sie im Badezimmer Fliesen mit einem Abfluss verlegen. Allerdings wurde unterhalb der Fliesen keine Dichtung erstellt. Zwischenzeitlich starb der Ehemann.
2016 trat plötzlich floss bei den Nachbarn im Geschoss darunter schwallartig Wasser von ihrer Badezimmerdecke. Die Schadensaufnahme ergab, dass wegen der fehlenden Fliesenabdichtung die Feuchtigkeit aus der darüberliegenden Wohnung mehrere Deckenbalken beschädigt hatte. Die Decke war einsturzgeschädigt.
Die Vermieter verlangten von der Mieterin und den Erben ihres Mannes Schadensersatz in Höhe von knapp 38.000 Euro. Die Rollstuhlfahrerin habe während der vergangenen 20 Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht und wegen der unzureichenden Abdichtung des Bodens den Schaden verursacht, lautete die Begründung. Die Frau meinte dagegen, dass der Anspruch verjährt sei. Der Flieseneinbau sei über 30 Jahre her. Das Landgericht Berlin stimmte dem zu.
Doch der BGH hob diese Entscheidung jetzt auf. Die Verjährungsfrist von 30 Jahren nach der Pflichtverletzung, hier dem mangelhaften Flieseneinbau, greife nicht. Im Mietrecht habe der Gesetzgeber eine Sonderregelung geschaffen. Danach beginne die Verjährungsfrist erst ab Rückgabe der Mietwohnung zu laufen. Der Vermieter habe dann sechs Monate Zeit, Ansprüche geltend zu machen.
Er müsse sich „ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen“ der Mietsache machen können. Das setze die freie Verfügung über die Wohnung nach dem Auszug der Mieter voraus, so das Gericht.
In diesem Fall sei die Wohnung aber noch nicht zurückgegeben und der Schaden somit auch noch nicht verjährt. Das Landgericht soll nun prüfen, inwieweit ein Schadenersatzanspruch besteht, und ob gegebenenfalls der Gebäudeversicherer für den Schaden einspringen muss.
Az.: VIII ZHR 132/20