Mainz (epd). Arbeitgeber dürfen nur in engen Grenzen Informationen über frühere Beschäftigte an andere Arbeitgeber weitergeben. Die Information ist nur erlaubt, wenn diese sich auf Leistung und Verhalten während der Arbeit im Betrieb bezieht und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 5. Juli.
Im konkreten Fall war die Klägerin ab dem 15. Februar 2021 als Leitende Fachkraft Gesundheitswesen für den Geschäftsbereich Alltagspaten beschäftigt. Dabei ging es um Dienstleistungen im Rahmen der Alltagsbegleitung kranker Menschen. Die Frau kündigte das Arbeitsverhältnis bereits zum 31. Mai 2021.
Im Guten ging die Beschäftigte mit ihrem Arbeitgeber nicht auseinander. Nach der fristgemäßen Kündigung wollte der Arbeitgeber die Frau schneller loswerden. Er focht mit Anwaltsschreiben den Arbeitsvertrag an und kündigte ihr fristlos. Dies begründete er mit angeblich falschen Angaben bei ihrer Bewerbung und weiteren behaupteten Pflichtverletzungen.
Als die Frau am 1. Juni 2021 eine neue Stelle als Gesundheits-Fachkraft antrat, legte der frühere Arbeitgeber nach. Gleich am ersten Arbeitstag meldete sich der frühere Chef der Frau von sich aus bei dem neuen Arbeitgeber, um diesen vor der Beschäftigten zu warnen.
So habe die Fachkraft bei dem früheren Bewerbungsgespräch gelogen. Sie habe sich aus einer angeblich laufenden Anstellung heraus beworben, obwohl ihre vorausgehende Beschäftigung bereits beendet gewesen sei. Auch sei sie nicht in der Lage gewesen, selbst einen Dienstplan für die Alltagspaten zu erstellen. Vielmehr habe ihr dabei ihr Ehemann geholfen. Damit habe sie vertrauliche Daten an einen Dritten weitergegeben. Dies stelle einen schweren Datenschutzverstoß dar.
Zudem habe sie die Alltagspaten angewiesen, auch Pflegeleistungen zu erbringen, obwohl sie dafür nicht qualifiziert gewesen seien. Sie habe etwa „das Füttern eines Patienten mit einer Banane angeordnet“, obwohl dieser unter Schluckbeschwerden gelitten habe. Dies sei als ein „potenziell lebensbedrohliches Arbeitsverhalten“ zu werten. Sie habe außerdem ohne sachlichen Grund Termine mit Neu-Interessenten verschoben, so dass diese abgesprungen seien. Dadurch seien Einnahmeverluste entstanden. Auch sei sie während der Arbeitszeit ohne Erlaubnis mehrfach privaten Tätigkeiten nachgegangen.
Die Fachkraft zog daraufhin vor Gericht und wollte per Unterlassungsklage erreichen, dass ihr früherer Arbeitgeber die „ehrenrührigen Äußerungen“ gegenüber ihrem neuen Arbeitgeber unterlässt.
Das LAG urteilte, dass die Klägerin von ihrem früheren Arbeitgeber in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei und ein Unterlassungsanspruch bestehe. Dieses Recht „schützt den Arbeitnehmer nicht nur vor einer zu weitgehenden Kontrolle und Ausforschung seiner Persönlichkeit, sondern umfasst ebenfalls den Schutz vor der Offenlegung personenbezogener Daten, und zwar auch solcher, von denen der Arbeitgeber in zulässiger Weise Kenntnis erlangt hat“.
In engen Grenzen dürfe ein Arbeitgeber allerdings Auskünfte auch gegen den Willen des Arbeitnehmers an andere Arbeitgeber erteilen. „Die Auskünfte, zu denen der Arbeitgeber berechtigt ist, betreffen nur Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses“, so das LAG mit Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Dezember 1984 (Az.: 3 AZR 389/83). Allerdings müsse die Auskunftserteilung auch verhältnismäßig sein und mit dem Recht der Arbeitnehmerin auf informationelle Selbstbestimmung abgewogen werden. Dieses sei hier verletzt worden.
Die Äußerung, dass die Klägerin während des Bewerbungsgesprächs unwahre Angaben im Lebenslauf tätigte, sei schon nicht zulässig, da es sich nicht „um ein Verhalten oder eine Leistung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses“, sondern vorher, bei Anbahnung desselben gehandelt habe. Selbst wenn die Äußerung als wahr unterstellt werde, sei auch gar nicht ersichtlich, ob die Klägerin bei dem neuen Arbeitgeber ebenfalls falsche Angaben gemacht habe.
Dass der Ehemann bei der Erstellung der Dienstpläne mitgewirkt habe, könnte zwar als datenschutz-rechtlich problematisch an gesehen werden. Ein überwiegendes Interesse des früheren Arbeitgebers, diese Information an den neuen Arbeitgeber weiterzugeben, bestehe aber nicht. Denn es gebe keine Anhaltspunkte für ein künftiges Fehlverhalten.
Dass die Klägerin nicht qualifizierte Mitarbeiter angewiesen hat, Pflegedienstleistungen und nicht nur eine Alltagsbegleitung gegenüber einem Patienten mit Schluckbeschwerden zu erbringen, rechtfertige ebenfalls nicht die Unterrichtung des neuen Arbeitgebers. Weder habe die Frau aus niederen Motiven gehandelt, noch sei der Patient zu Schaden gekommen.
Umgekehrt hatte der Geschäftsführer des früheren Arbeitgebers seinerseits wohl nicht nur lautere Gründe für seinen Anruf beim Folge-Arbeitgeber, betonte das LAG. Vielmehr entstehe der Eindruck, dass der Geschäftsführer „zumindest auch“ der Klägerin schaden wollte. „Für ein derartiges Ansinnen besteht kein berechtigtes Interesse“, heißt es abschließend in dem Mainzer Urteil.
Az.: 6 Sa 54/22