Berlin (epd). Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, hat Aufklärung über nicht gezahlte Corona-Prämien für Pflegekräfte verlangt. Moll sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 15. September, wenn Boni nicht gezahlt worden seien, „ist das nicht zu akzeptieren und muss transparent aufgeklärt und wo nötig auch verfolgt werden“. Kritische Kommentare kamen auch vom Pflege-Berufsverband und der FDP.
Moll erinnerte daran, dass die Prämien eine kleine Anerkennung für die Leistungen der Pflegekräfte während der Corona-Pandemie sein sollten. „Wenn diese Mittel aber von einigen Arbeitgebern nicht beantragt - oder noch schlimmer, in die eigene Tasche gesteckt werden, dann wirft das ein düsteres Licht auf diese Arbeitgeber“, sagte Moll. Insgesamt werde ihr aber berichtet, dass die Boni bei den Pflegekräften ankämen, ergänzte die Pflegebevollmächtigte.
Einem bisher unveröffentlichten Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zufolge haben viele Pflegekräfte den 2020 versprochenen, staatlich finanzierten Corona-Bonus von bis zu 1.500 Euro offenbar nicht erhalten. Das berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstag), NDR und WDR unter Berufung auf den ihnen vorliegenden Bericht. Er komme zu dem Ergebnis, das Verfahren zur Auszahlung der Prämien sei „fehler- und missbrauchsanfällig“ gewesen.
Zahlreiche Einrichtungen hätten dem Prüfbericht zufolge „keine Auszahlung der Bundesmittel“ beantragt. Andererseits hätten manche Firmeninhaber die staatliche Prämie nicht nur für ihre Beschäftigten, sondern „zu Unrecht“ auch für sich selbst geltend gemacht. Der Bericht der Kontrollbehörde für die Staatsfinanzen soll im November im zuständigen Haushalts- beziehungsweise Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags beraten und erst dann veröffentlicht werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) forderte die Kassen zu schärferer Überprüfung auf. „Pflegekräften Ihren rechtmäßigen Bonus zu verwehren, ist Betrug“, erklärte Lauterbach in Berlin. „Die Pflegekassen müssen deshalb die Abrechnungen schärfer überprüfen“, ergänzte er. Wer Boni beantragt habe, müsse sie auch auszahlen.
Lauterbach erklärte, mit dem Pflegebonus habe der Gesetzgeber gegenüber den Pflegekräften seinen Dank und seine Wertschätzung für die geleistete Arbeit während der Pandemie zum Ausdruck bringen wollen. Es sei nicht nachvollziehbar, „wenn Arbeitgeber dieses Anliegen torpedieren, indem sie keinen Antrag auf Zahlung eines Pflegebonus für ihre Beschäftigten stellen oder gar die Boni zu Unrecht selbst einstreichen“, kritisierte der Minister. Dieses Verhalten konterkariere auch Bemühungen, die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern.
Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Nicole Westig, nannte den Prüfbericht „alarmierend“ und forderte Lauterbach auf, schnellstmöglich einzugreifen. Die korrekte Auszahlung des Pflegebonus' sei längst überfällig und eine Frage des Respekts, erklärte Westig.
Der Bundesrechnungshof befürchtet, dass sich die Unregelmäßigkeiten bei der Corona-Prämie in diesem Jahr wiederholen, da Auszahlungen von Prämien an rund 1,2 Millionen Beschäftigte in einer Gesamthöhe von rund einer Milliarde Euro für 2022 nach dem gleichen Muster erfolgen sollten wie beim ersten Corona-Bonus. Es sei zu erwarten, „dass sich damit die Anfälligkeit des bisherigen Verfahrens für Fehler und Missbrauch“ fortsetzte, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ aus dem Prüfbericht.
Der Caritasverband erklärte auf Anfrage, dass ihm von Problemen bei der Auszahlung des Bonus nichts bekannt sei. Verbandssprecherin Mathilde Langendorf sagte dem epd, soweit man wisse, hätten die Caritas-Träger und Einrichtungen der Altenhilfe die Zahlung vorgenommen.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) wiederholte seine grundsätzliche Kritik an den Bonuszahlungen. Damit könne man den beruflich Pflegenden nicht helfen und keinen jahrelangen Reformstau ausgleichen, erklärte die Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper. Dass es zudem kaum möglich sei, die Zahlungen gerecht zu verteilen, habe bereits zu viel Unmut unter den Pflegenden geführt. Nun komme hinzu, dass das Verfahren offenbar auch noch anfällig sei für Missbrauch und Ungenauigkeiten, kritisierte Klapper. Sie erwarte, dass der Bundesgesundheitsminister vor der nächsten Auszahlung nachbessere.