Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat am 14. September das Bürgergeld auf den Weg gebracht. Es soll die Grundsicherung (Hartz IV) ablösen und ist neben der Einführung einer Kindergrundsicherung das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Ampelkoalition. Der Gesetzentwurf kommt von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und wird nun im Bundestag beraten. Die Änderungen betreffen knapp fünf Millionen Leistungsbezieherinnen und -bezieher sowie 405 Jobcenter mit fast 75.000 Beschäftigten. Im Folgenden die wichtigsten Punkte:
MEHR GELD: Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen soll am 1. Januar 2023 um 53 Euro von 449 Euro auf 502 Euro steigen. Künftig soll im Voraus statt im Nachhinein die Inflation bei der jährlichen Anpassung der Regelsätze berücksichtigt werden. Lebenspartner oder -partnerinnen sollen 451 Euro (bisher 404 Euro) bekommen, Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren 420 Euro (bisher 376 Euro). Für 6- bis 13-Jährige steigt der Satz auf 348 Euro (bisher 311 Euro) und für Kleinkinder bis fünf Jahre auf 318 Euro (bisher 285 Euro).
ZWEI JAHRE SCHONFRIST: Bürgergeld-Bezieherinnen und Bezieher sollen in den ersten beiden Jahren in ihrer Wohnung bleiben können, auch wenn sie eigentlich zu groß ist. Ebenso werden in der Schonfrist Ersparnisse bis 60.000 Euro nicht angerechnet, für jede weitere Person im Haushalt sind es 30.000 Euro. Damit wird eine Regelung aus den Corona-Jahren übernommen. Die früheren Hartz-IV-Regeln waren strenger.
ERSPARNISSE: Das auf Dauer gewährte Schonvermögen wird erhöht und die Überprüfung vereinfacht. Künftig bleiben Ersparnisse bis zu 15.000 Euro pro Person geschützt, bisher sind es 150 Euro pro Lebensjahr - bei einer 40-jährigen Person beispielsweise also 6.000 Euro. Verbesserungen gibt es auch bei der privaten Altersvorsorge, bei selbst bewohnten Immobilien und beim eigenen Auto.
SANKTIONEN: Im ersten halben Jahr des Bürgergeld-Bezugs (Vertrauenszeit) soll es keine Sanktionen geben - außer bei hartnäckigen Terminversäumnissen. Anschließend kann das Bürgergeld bei Pflichtverletzungen um bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Die früheren schärferen Sanktionen für Unter-25-Jährige werden endgültig abgeschafft. Wohnung und Heizung müssen weiter bezahlt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 Kürzungen von mehr als 30 Prozent für unzulässig erklärt. Die früheren, härteren Hartz-IV-Sanktionen sind derzeit bis zur Neuregelung ausgesetzt.
JOBVERMITTLUNG / SOZIALER ARBEITSMARKT: Der bisherige Vermittlungsvorrang soll fallen. Leistungsbezieher müssen nicht mehr jeden Job annehmen, sofern eine Aus- oder Weiterbildung sinnvoller erscheint, um ihre Job-Chancen zu verbessern. Es gibt ein monatliches Weiterbildungsgeld von 150 Euro und weiterhin Prämien für Abschlüsse. Die bisher bis 2024 befristete mehrjährige Förderung von Langzeitarbeitslosen für die Rückkehr in einen regulären Job („Sozialer Arbeitsmarkt“) wird entfristet.
HINZUVERDIENST / EHRENAMT: Wer oberhalb der Minijob-Grenze (künftig 520 Euro) bis zu 1.000 Euro hinzuverdient, soll 30 statt 20 Prozent der Einkünfte behalten können. Schüler, Studierende und Auszubildende können bis zu 520 Euro statt 100 Euro hinzuverdienen. Wer ein Ehrenamt hat, soll von der Aufwandsentschädigung mehr behalten können.
BÜROKRATIE: Es wird eine Bagatellgrenze von 50 Euro für die Rückforderungen der Jobcenter eingeführt. Die Abmeldung beim Jobcenter für Abwesenheiten vom Wohnort soll unkomplizierter werden. Vereinfachungen gibt es auch beim Mutterschaftsgeld und für Leistungsbezieher, die eine Reha machen.