sozial-Politik

Inflation

Bündnis für gerechtes und klimafreundliches Entlastungspaket



Welche Entlastungen sind gerecht, ökologisch sinnvoll und lassen sich schnell umsetzen? Eine Studie gibt Antworten: Ein sozialer Heizkostenzuschuss ist besser als eine Gaspreisbremse, ein 29-Euro-Ticket schlägt Tankrabatt und Pendlerpauschale.

Berlin (epd). Ein Bündnis von Sozial- und Klimaschutzverbänden erwartet vom dritten Entlastungspaket der Bundesregierung zielgenaue Hilfen für ärmere Menschen. Neue Entlastungen müssten zudem eine ökologische Steuerungswirkung haben, forderten der Deutsche Caritasverband und die Klima Allianz Deutschland am 1. September in Berlin.

Sie stellten gemeinsam eine Studie vor, wonach ein höherer Heizkostenzuschuss für Wohngeld-Empfänger, ein bundesweites, günstiges Nahverkehrsticket und ein Mobilitätsgeld anstelle der Pendlerpauschale den Forderungen gerecht würden. Die Bundesregierung will in Kürze ein drittes Maßnahmenpaket vorstellen, das die Auswirkungen von Inflation und Energiekrise abmildern soll.

Heizkostenzuschuss leicht umzusetzen

Der Studie des DIW Econ zufolge ist ein Heizkostenzuschuss für Haushalte mit geringen Einkommen leichter umzusetzen, zielgenauer und nicht mit so hohen Staatsausgaben verbunden wie ein Gaspreisdeckel. Ein solcher Zuschuss setze dort an, wo die Not jetzt am größten sei, erklärte die Präsidentin des Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa. In diesem Winter müssten außerdem Strom- und Gassperren für überschuldete Haushalte ausgesetzt werden, forderte sie.

Die Regierung plant einen höheren Zuschuss für Heizkosten und eine Ausweitung der unterstützungsberechtigten Haushalte im Rahmen einer Wohngeldreform Anfang 2023. Ein Preisdeckel für einen Grundbedarf an Gas ist in Teilen der Koalition aber ebenfalls im Gespräch.

Wohngelderhöhung kostet rund 600 Millionen Euro

Die Wissenschaftler vom DIW Econ, einem Tochterunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, haben auf Grundlage der Gaspreise vom Juni errechnet, dass ein Ausgleich der Preissteigerungen für die rund 600.000 Haushalte, denen Wohngeld gezahlt wird, den Bund gut 300 Millionen Euro kosten würde. Verdoppele sich der Gaspreis und würde der Empfängerkreis verdreifacht, wie aus der Koalition zu hören war, beliefen sich die Staatsausgaben auf rund zwei Milliarden Euro.

Demgegenüber stünden aber knapp zehn Milliarden Euro für die Subvention eines Gasgrundverbrauchs von 8.000 Kilowattstunden pro Haushalt bei 7,5 Cent pro Kilowattstunde, der sozial nicht gerecht und ökologisch negativ zu bewerten sei. Steigt der Gaspreis weiter, würde dies auch die Kosten für einen Preisdeckel weiter in die Höhe treiben.

49-Euro-Ticket für Bedürftige nicht mehr zu bezahlen

Ein bundesweit gültiges 29-Euro-Ticket würde der Studie zufolge vor allem Menschen mit geringen Einkommen helfen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sofern in den öffentlichen Nahverkehr für ein besseres Angebot investiert werde. Bereits bei einem Preis von 49 Euro, wie er von der SPD-Fraktion ins Gespräch gebracht wurde, würden sich Menschen mit niedrigen Einkommen laut DIW-Einschätzung das Ticket nicht mehr leisten können.

Carolin Schenuit, Sprecherin der Klima Allianz, sagte zur Gegenfinanzierung, sie könne durch die Reform klimaschädlicher Subventionen wie des Dienstwagenprivilegs und der Pendlerpauschale erfolgen. An die Stelle der Pauschale soll nach den Vorstellungen der Klima Allianz ein Mobilitätsgeld von zehn Cent pro Kilometer Arbeitsweg treten, das Menschen, die keine Steuern zahlen, direkt ausgezahlt wird. Heute profitieren Vielfahrer und Gutverdiener am stärksten von den Steuervergünstigungen der Pendlerpauschale.

In der Klima Allianz, die die Studie zur Bewertung energiepolitischer Entlastungsmaßnahmen in Auftrag gegeben hat, sind 140 Organisationen aus dem gesamten gesellschaftlichen und dem kirchlichen Spektrum vertreten. Untersucht wurden fünf der derzeitigen Vorschläge: eine Gaspreisbremse, ein erweiterter Heizkostenzuschuss, ein 29-Euro-Ticket als Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket, eine Reform der Pendlerpauschale sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Grundnahrungsmittel.

Bettina Markmeyer