sozial-Branche

Arbeitslosigkeit

Ringen um den sozialen Arbeitsmarkt




Joycelyne Honkou im Cafe des Begegnungszentrums "JoMa"
epd-bild/Stumberger
Seit 2019 fördert der soziale Arbeitsmarkt Menschen, die schon lange ohne Job sind. Kürzungspläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sorgten im Juli für einen Aufschrei. Doch um welche Jobs geht es eigentlich? Zu Besuch im "JoMa" in München.

München (epd). Der Linsensalat mit Fetakäse kostet entweder 6,50 Euro, acht Euro oder 10,50 Euro. Im „JoMa“ dürfen - je nach Geldbeutel - alle selbst entscheiden, wie viel sie für das Mittagessen zahlen möchten. Das Begegnungszentrum im Münchner Stadtteil Giesing ist eine Kooperation von evangelischer und katholischer Kirche und hat seit Anfang Mai geöffnet - darin befindet sich ein kleines, nicht gewinnorientiertes Café, das von der diakonia betrieben wird.

Hier steht Jocelyne Honkou hinter dem Tresen, bedient die Espresso-Maschine, schneidet Kuchenstücke und serviert das Tagesgericht. Die alleinerziehende Mutter von vier Kindern arbeitet hier im Rahmen des Förderprogramms „Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Das bedeutet, dass ihr Lohn nach Paragraf 16i Sozialgesetzbuchs (SGB II) vom Staat gefördert wird.

Fünf Jahre lang gibt es Lohnzuschüsse

Für jeden Beschäftigten bekommen Arbeitgeber dabei fünf Jahre lang feste Lohnkostenzuschüsse, gestaffelt von 100 bis 70 Prozent. Das 2019 eingeführte Programm solle „sehr arbeitsmarktfernen Menschen“ eine längerfristige Beschäftigungsperspektive ermöglichen, teilte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf epd-Anfrage mit.

Von Seiten der diakonia ist Ulrike Winkler für das „JoMa“ zuständig, das als Begegnungszentrum die Alteingesessenen mit den Zuzüglern des Neubauviertels zusammenbringen will. Sie sagt: „Wenn es diese Kürzungen im Haushalt geben sollte, wäre das Programm gefährdet.“ Und damit womöglich tausende Menschen wieder ohne Perspektive auf dem Jobmarkt.

Nach Arbeitslosigkeit Job im Programm gefunden

Jocelyne Honkou ist mittlerweile im fünften Jahr im Programm dabei. Sie kam 2001 aus Togo nach Deutschland, in ihrer Heimat arbeitete sie als Schneiderin. Doch in dem Beruf konnte sie in München nicht Fuß fassen, war längere Zeit arbeitslos. Sie machte eine Ausbildung als Hauswirtschafterin, bekam schließlich einen Job über die Fördermaßnahme. Heute backt sie Kuchen im Café des JoMa und kümmert sich um die Gäste. Die Arbeit gefällt ihr gut, „ich habe Kontakt mit Menschen und lerne die deutsche Sprache besser sprechen“, sagt sie.

Laut Auskunft des Ministeriums bewegt sich der finanzielle Spielraum für Eingliederungsmaßnahmen im laufenden Jahr „auf einem so hohen Niveau wie nie zuvor“. Ob das so bleibt, ist noch nicht klar: Im Herbst steht das Gesamtbudget des SBGII für 2023 auf der Tagesordnung im Bundestag. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) werde sich dabei „für eine entsprechende dauerhafte Mittelausstattung des Sozialen Arbeitsmarkts starkmachen“, versichert das Ministerium.

2021 waren 42.000 Menschen in der Förderung

18 Stellen nach Paragraf 16i gibt es in den verschiedenen Arbeitsfeldern der diakonia: etwa im Verkauf des Secondhand-Bereichs, im Lager oder beim Transport, im Malerbetrieb als Helfer oder eben in den Gastrobetrieben im Servicebereich.

Bundesweit waren 2021 rund 42.000 Menschen nach Paragraf 16i angestellt. Obwohl das Ziel des Arbeitsmarktzugangs eher langfristig sei, hätten 39 Prozent der Menschen, die das Programm 2021 beendet hätten, innerhalb von drei Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden, teilte das Arbeitsministerium mit.

„Das Ziel des Programms ist eine gute berufliche Perspektive für die Betroffenen“, sagt auch Ursula Winkler von der diakonia. Bei Jocelyne Honkou scheint die Fördermaßnahme Früchte zu tragen: Ende des Jahres wird sie auf eine reguläre Stelle im Café „JoMa“ übernommen.

Rudolf Stumberger