Schwerin, Berlin (epd). Nach der Sondersitzung der Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 9. August gibt es weiter Differenzen in Sachen Corona-Infektionsschutzgesetz. Die Gesundheitsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Stefanie Drese (SPD), hält weitere Beratungen für nötig: „Wir haben heute in einem ersten Austausch tiefgehend über den Gesetzesentwurf beraten. Auf dieser Grundlage müssen nun aber dringend weitere wichtige Detailfragen geklärt werden.“
Vergangene Woche hatte die Bunderegierung einen Vorschlag zur Weiterentwicklung des Infektionsschutzgesetzes nach dem 23. September vorgelegt. Zu den vorgesehenen Maßnahmen zählen unter anderem eine Maskenpflicht in Verkehrsmitteln, für den Zutritt zu Krankenhäusern sowie voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen. Ausnahmen sollen für frisch geimpfte oder getestete Personen gelten.
„Die Ausnahmeregelungen für Menschen, die kürzlich geimpft worden sind oder einen tagesaktuellen Test vorlegen können, halte ich für schwer umsetzbar. Hier müssen wir uns immer die Frage der praktischen Durchführung im Hinblick auf die erforderlichen Kontrollen stellen“, betonte Drese.
Auch die Frage der Testmöglichkeiten und ihrer Finanzierung sei in diesem Zusammenhang noch einmal neu einzubeziehen. Derzeit können nicht alle Personen kostenlos Tests in Anspruch nehmen. Nicht im Gesetzesentwurf enthalten seien darüber hinaus die genauen Indikatoren, nach denen die Pandemielage künftig bewertet werden soll.
„Für einen nachvollziehbaren und einheitlichen Umgang mit dem Virus brauchen wir möglichst genaue Parameter, an denen wir uns orientieren können. Diese müssen sowohl in Mecklenburg-Vorpommern, als auch in Bayern oder Hamburg gelten“, so Drese weiter. Als eine wichtige Kennzahl könne künftig unter anderem auch die Mortalität innerhalb der Bevölkerung im Zusammenhang mit einer Corona-Erkrankung betrachtet werden.
Im Entwurf zur Anpassung des Infektionsschutzgesetzes sind mehr Handlungsspielräume für die Bundesländer vorgesehen. Sie sollen unter anderem ohne Zustimmung des Parlaments die Masken- und Testpflicht ausweiten, zum Beispiel in anderen Innenräumen oder Schulen ab der 5. Klasse. Ausgenommen sind hierbei immer Genesene und vollständig geimpfte Personen.
Dagegen sagte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD), nach dem virtuellen Treffen, man habe mit dem Vorschlag für ein geändertes Infektionsschutzgesetz eine „gute Grundlage“ zur Pandemiebekämpfung im Herbst und Winter. „Zum einen bieten bundeseinheitliche Maßnahmen wie die Maskenpflicht im Flug- und Fernverkehr Leitplanken für die Bewältigung der Herbstwelle. Zugleich bekommen die Länder Befugnisse, um weitergehende Schutzmaßnahmen anzuordnen“, sagte Grimm-Benne. Weiter betonte sie, dass Schulen und Kitas offengehalten werden müssten.
Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) lässt sich aus den Planungen zum neuen Infektionsschutzgesetz keine Aufforderung zur Corona-Impfung alle drei Monate ableiten. Das wäre abwegig und medizinisch unsinnig, sagte er am 9. August in den ARD-„Tagesthemen“. Die Gesetzespläne sehen vor, dass ab 1. Oktober Maskenpflichten für jene ausgesetzt werden, die frisch genesen sind oder deren jüngste Corona-Impfung weniger als drei Monate zurückliegt.
Der Gesundheitsminister erläuterte, die Drei-Monats-Regel berücksichtige, dass Testergebnisse zu angepassten Impfstoffen, die ab Herbst auf den Markt kommen, auch gut vor Ansteckungen schützen. Kontrolliert werden könne die Ausnahme von der Maskenpflicht mit einer farblichen Kennzeichnung des Impfzertifikats in der Corona-Warn-App. Die Kontrolle des Zertifikats sei durch solch eine Kennzeichnung einfach, so der Minister.
Dem widerspricht der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Die Pläne seien „wenig alltagstauglich“. So sei in den neuen Corona-Regeln vorgesehen, dass Menschen, die vor weniger als drei Monaten geimpft wurden, keine Maske tragen müssen. Wie solle das überprüft werden, fragte Reinhardt am 10. August im Südwestrundfunk (SWR). Zudem fehlten klare Kriterien, anhand derer eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems festgestellt werden soll. Insgesamt sei eine Balance nötig zwischen Rücksichtnahme einerseits und Teilnahme am öffentlichen und sozialen Leben andererseits.