München/Nürnberg (epd). Die Apparate des neuen bayerischen Krisentelefons für „seelische Erste Hilfe“ standen vergangenes Jahr selten still. Insgesamt 60.000 Telefonate innerhalb eines Jahres, also etwa 180 pro Tag, hätten die Beraterinnen und Berater in den sieben Leitstellen im Freistaat mit Hilfesuchenden geführt, sagte der Präsident des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler (CSU), dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des einjährigen Bestehens. Unter der Rufnummer 0800/6553000 können sich Menschen in seelischen Krisen sowie deren Angehörige seit Juli 2021 bayernweit kostenlos rund um die Uhr Hilfe holen.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, dass ein knappes Drittel der Anrufe zwischen 18 und 24 Uhr komme, zeige, „dass es richtig war, die Erreichbarkeit auszubauen“. Psychische Krisen und Erkrankungen seien ausgesprochen häufig und kämen in jedem Lebensalter vor. Die Menschen bräuchten im Bedarfsfall unmittelbar Unterstützung. Bei Bedarf könnten mobile Einsatzteams innerhalb einer Stunde bei den Hilfesuchenden zu Hause sein, sagte Holetschek.
Die häufigsten Gründe für Anrufe bei dem Netzwerk aus sieben eigenständigen regionalen Krisendiensten, das von den bayerischen Bezirken und vom Freistaat organisiert und finanziert wird, waren depressive Verstimmungen, Ängste, Psychosen wie Wahnzustände und familiäre Belastungen, zählte Löffler auf. Bei jedem zehnten Anruf habe es Hinweise auf Selbstgefährdung gegeben. Das Fachpersonal leiste „Erste Hilfe für die Seele“ und nenne den Anrufenden bei Bedarf andere Hilfsangebote in der Nähe.
Auch der Krieg in der Ukraine habe bei manchem Anrufer dazu geführt, dass Erinnerungen an frühere erlittene Traumata wieder hochgekommen seien. „Er führte jedoch nicht zu einem sprunghaften Anstieg der Telefonate“, sagte der Präsident des bayerischen Bezirketags.