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Studentin: "Von einem auf den anderen Tag war mein Gehalt bei null"




Studierende in der Uni-Mensa
epd-bild/Detlef Heese
Franziska Zagura (23) war im vierten Semester ihres Bachelorstudiums. Dann kam Corona. Im Lockdown verlor sie ihren Job. BAföG erhielt sie trotzdem nicht. Doch selbst wer die staatliche Hilfe für sein Studium bekommt, muss sich oft nach der Decke strecken.

Nürnberg, Düsseldorf (epd). Franziska Zagura arbeitete seit Beginn ihres Studiums als Nachhilfelehrerin bei der Schülerhilfe in Nürnberg, um sich ihre Ausbildung zur Medizinjournalistin an der Hochschule Ansbach zu finanzieren. Pro Woche hatte sie fünf Kurse, für eineinhalb Stunden erhielt sie 18 Euro. Dann kam im März 2020 Corona: „Von dem einen auf den anderen Tag ging mein monatlicher Lohn von rund 360 Euro runter auf null,“ sagt sie.

Etwa 40 Prozent der Studierenden verloren in der Pandemie ihren Job, wie eine Umfrage des Personaldienstleisters Zenjob ergab. Der Bund gewährte in finanzielle Not geratenen Studierenden eine monatlich zu beantragende Überbrückungshilfe von bis zu 500 Euro. Zagura: „Der Corona-Zuschuss kam erst im Herbst und nicht, als ich ihn am meisten benötigt hätte.“ Jeder dritte Studierende in Deutschland lebt laut Paritätischem Wohlfahrtsverband unterhalb der Armutsgrenze - unter BAföG-Beziehenden sind es 44,9 Prozent.

Zuschuss kam verzögert

Die neue Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) will erreichen, dass die gesunkene Zahl der BAföG-Beziehenden wieder steigt. So wurde nach einem Kabinettsbeschluss die Altersgrenze auf 45 Jahre erhöht. Der Vermögensfreibetrag soll auf 45.000 Euro steigen. Auch der Förderungshöchstsatz soll zum Wintersemester 2022/2023 von 861 Euro auf 931 Euro erhöht werden. Das klingt zunächst einmal gut, wenn da nicht die hohe Inflation von 7,9 Prozent wäre. Auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) teilte das Ministerium mit, es plane weitere Verbesserungen bei der Ausbildungsförderung.

Ulrich Müller vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh hält die beschlossenen Anpassungen für unzureichend: „Die BAföG-Reformen kamen in den letzten zehn Jahren immer zu spät, waren immer zu zurückhaltend und zu kleinteilig.“ Das jetzige Änderungsgesetz sehe er als Art „provisorische Brückentechnologie“. Er hofft auf weitere Änderungen, denn ein Studium müsse auch ohne fehlende Hilfe der Eltern möglich sein. „89 Prozent der Studierenden erhalten kein BAföG. Damit hängt ein Studium faktisch an der Unterstützung durch die Eltern und an studentischen Nebenjobs.“ Eine regelmäßige Anhebung der Bemessungsgrenzen und Fördersätze wäre beim Gegensteuern hilfreich.

Studentin mit achtjähriger Tochter

Auch die Studentin und alleinerziehende Mutter Jennifer Schulte hatte während des Lockdowns mit Geldmangel zu kämpfen: „Ohne die Unterstützung meiner Mutter hätte ich es nicht geschafft“, sagt die 29-Jährige, die in Düsseldorf Kindheitspädagogik und Familienbildung studiert. Sie fordert ein völlig elternunabhängiges BAföG. Und: Die Weiterbewilligungsanträge dauerten zu lange. Nicht nur einmal stand die Mutter einer achtjährigen Tochter ohne Geld da. Auch würden die steigende Inflationsrate sowie die Krankenkassenbeiträge nicht genügend berücksichtigt. „Ich erhalte so viel Geld wie ein Hartz-IV-Empfänger, muss aber noch 110 Euro für meine Krankenversicherung bezahlen.“

Das BAföG wird nun um einen „Notfallmechanismus“ ergänzt, damit auch Studierende vorübergehend BAföG bekommen können, die normalerweise nicht dazu berechtigt sind. Er tritt in Kraft, sobald der Bundestag eine bundesweite Notlage durch Beschluss feststellt. Ziel: Studienabbrüche sollen ebenso verringert werden wie finanzielle Notlagen.

Als es wieder möglich war, nahm Franziska Zagura ihre Nebentätigkeit wieder auf. Doch waren die Stunden reduziert, der Unterricht fand digital und mit wesentlich weniger Gruppen statt: „Ich gab mein geringes Gehalt nur noch für Miete und Essen aus. Es hat gerade so zum Überleben gereicht.“

Stefanie Unbehauen