sozial-Branche

Behinderung

Anerkennung auf dem Sportplatz




"Olympisches Feuer" bei den Bethel athletics
epd-bild/Stiftung Bethel / Christian Weische
25 Jahre "Bethel athletics": Was als reines Angebot für Menschen mit Behinderungen anfing, wurde schon bald ein inklusives Sportfest mit Teilnehmenden aus ganz Deutschland. Am 11. Juni wird das "Olympische Feuer" wieder in Bielefeld-Bethel brennen.

Bielefeld (epd). Als im April klar war, dass die „Bethel athletics“ nach zwei Jahren Corona-Pause wieder im Sommer in Bielefeld-Bethel stattfinden, meldete sich Chantal Schmidt-Lorenz sofort an. Seitdem hat sie jeden Tag mit ihrem Ehemann Nils langsamen Walzer oder Discofox trainiert. Das Paar tritt am 11. Juni bei dem 25. bundesweiten Sport- und Spielfest der v. Bodelschwinghschen Stiftungen in der Kategorie Tanzen gegen die Konkurrenz an.

Eine Veranstaltung für alle

Besonders der Jive sei gefragt, sollten sie ins Finale kommen, verrät die Frau mit komplexen Behinderungen. „Das haben wir schon mehrfach geschafft“, erzählt die 38-Jährige stolz. Am meisten freue sie sich aber auf die Kontakte mit anderen Sportbegeisterten, die aus verschiedenen Orten in Deutschland anreisen werden.

1997 starteten die ersten „Bethel athletics“ noch als reines Angebot für Menschen mit Behinderungen, daraus entwickelte sich schnell eine Veranstaltung für alle. Die Teilnehmerzahlen stiegen laut Organisatorin Antje Pyl von Jahr zu Jahr. Für die Leiterin des Betheler Bewegungs- und Sporttherapeutischen Dienstes ist die Veranstaltung ein „Tag der Begegnung, an dem es so gut wie keine Barrieren gibt“. Egal, wie unterschiedlich die Menschen seien und welche Einschränkungen sie hätten, „jede individuelle Leistung wird anerkannt und wertgeschätzt“, sagt die Sportwissenschaftlerin und Heilerziehungspflegerin. Das mache die besondere Atmosphäre der „Bethel athletics“ aus.

Die 25. Auflage des Sportfestes knüpft dabei an das Konzept der Vorjahre an. Die Sportlerinnen und Sportler ziehen bei der Eröffnungsfeier gemeinsam in den Sportpark Gadderbaum in Bielefeld-Bethel ein. Das Fallschirmteam der Polizei NRW bringt das „Olympische Feuer“ ins Stadion, und ein Fackelträger entzündet die Flamme in einer Feuerschale: Die Spiele können beginnen.

Am Ende gibt es nur Gewinner

Einen ganzen Tag lang messen sich Menschen mit und ohne Handicap dann in zehn Disziplinen, darunter Leichtathletik, Fußball, Schwimmen, Tischtennis, Boule oder Reiten, jeweils eingeteilt in verschiedene Leistungsstufen. Auch wettbewerbsfreie Angebote stehen auf dem Programm und ein Volkslauf. Neben dem Sportpark sind ein städtisches Schwimmbad und das Therapeutische Reiten Bethel weitere Austragungsorte.

Wichtiger Bestandteil der „Bethel athletics“ sind dabei die ehrenamtlichen Helfer, die Familien und Zuschauer, die die Sportlerinnen und Sportler unterstützen, anfeuern und applaudieren, wenn sie über ihre Grenzen hinauswachsen. Am Ende sind alle Gewinner und bekommen in jedem Fall eine Medaille. Besonders gute Leistungen werden mit Silber und Gold belohnt.

„Bei allem Wettkampfcharakter - im Mittelpunkt stehen bewusst der Spaß an der Bewegung und der Gemeinschaft“, betont Bethel-Chef Pastor Ulrich Pohl. Er freut sich, dass sich zur Jubiläumsausgabe des inklusiven Sport- und Spielfestes wieder mehrere Hundert Sportbegeisterte angemeldet haben: „Alle sind je nach ihren Möglichkeiten aktiv und mit vollem Elan dabei. Diese Freude zu sehen, ist immer ein ganz besonderes Erlebnis.“

Halb so viele Anmeldungen wie vor der Pandemie

Etwas gebremst ist die Veranstaltung durch die Pandemie allerdings schon. Viele Einrichtungen in der Behindertenhilfe sind laut Antje Pyl noch vorsichtig. Außerdem seien Sport- und Trainingsangebote lange eingeschränkt gewesen. Das schlage sich in den Anmeldezahlen nieder. Die Organisatorin erwartet zwischen 500 und 600 Teilnehmende, rund halb so viele wie vor der Pandemie im Jahr 2019.

Auch für Angelika Schmieder fiel die Reittherapie lange aus. Umso wichtiger ist es der Frau mit Epilepsie, jetzt wieder bei den Wettkämpfen dabei zu sein. „Nur weil man eine Behinderung hat, wird einem oft nichts zugetraut“, beklagt die 67-Jährige. Sie begreift das Sportfest als Chance, solche Vorurteile abzubauen.

Chantal Schmidt-Lorenz treibt der sportliche Ehrgeiz mit an. Für die Tänzerin ist klar: Sie wird ihr Bestes geben und möchte mit ihrem Partner möglichst weit vorne landen. Ihren Ehemann erwartet zudem eine zusätzliche Ehre. Er darf beim Eröffnungstanz Bethel-Vorständin Johanna Will-Armstrong übers Parkett führen.

Silke Tornede