Erfurt (epd). Ein Schlaganfall eines Arbeitnehmers mit halbseitiger Lähmung auf der Intensivstation stellt noch keine offenkundige Schwerbehinderung dar. Erhält der betroffene Beschäftigte nach dem Schlaganfall die Kündigung, kann er keine Entschädigung wegen einer Diskriminierung beanspruchen, urteilte am 2. Juni das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.
Im konkreten Fall ging es um einen an eine Stadt entliehenen Leiharbeiter, der als Hausmeister in einer Grundschule beschäftigt wurde. Als er nach seinen Angaben am 11. Februar 2018 einen Schlaganfall erlitten hatte und mit halbseitiger Lähmung auf der Intensivstation gelegen hatte, kündigte die Stadt am 14. Februar 2018 den Leiharbeitsvertrag. Der Leiharbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Mann.
Die Kündigungsschutzklage endete in einem Vergleich. Allerdings verlangte der Mann von seinem früheren Arbeitgeber eine Entschädigung, da er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Er sei zum Zeitpunkt des Schlaganfalls zwar nicht als Schwerbehinderter anerkannt worden, auch habe er keinen entsprechenden Antrag gestellt. Seine Schwerbehinderung sei aber offenkundig gewesen. Die Kündigung hätte daher nicht ohne Zustimmung des Integrationsamtes erfolgen dürfen.
Doch das BAG wies den Kläger ab. Um eine Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund einer Schwerbehinderung geltend machen zu können, müsse dies schlüssig dargetan werden. Hier sei zum Kündigungszeitpunkt keine Schwerbehinderung festgestellt oder beantragt worden. Auch eine offenkundige Schwerbehinderung habe nicht vorgelegen. Denn eine halbseitige Lähmung auf der Intensivstation könne sich im Laufe der Behandlung bessern. Andere Indizien für eine Benachteiligung wegen der Behinderung habe es nicht gegeben, entschied das BAG.
Az.: 8 AZR 191/21