Berlin (epd). Der Beschluss des Bundestages, den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Oktober auf zwölf Euro pro Stunde anzuheben, stößt überwiegend auf Zustimmung bei den Gewerkschaften. Anders sieht das bei der ebenfalls beschlossenen Anhebung der Verdienstgrenze bei den Minijobs aus. „Die Anhebung des Mindestlohns ist nicht nur ein Schritt gegen Altersarmut, sondern angesichts der aktuellen Preisentwicklung für viele Menschen überlebenswichtig“, sagte Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), am 3. Juni in Berlin.
Negativ sei allerdings die Anhebung der Hinzuverdienstgrenze bei Minijobs von 450 auf 520 Euro. Diese Entscheidung belaste vor allem Frauen, die häufiger in Minijobs arbeiten müssten, kritisierte Werneke.
Mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und Linken beschloss der Bundestag am 3. Juni die Erhöhung der gesetzlichen Lohnuntergrenze. Derzeit beträgt der Mindestlohn 9,82 Euro. Im Juli steigt er auf 10,45 Euro. Mit der Mindestlohnerhöhung wird auch die Grenze für die sogenannten Minijobs im Oktober angehoben - von derzeit 450 Euro auf 520 Euro pro Monat.
Zwölf Euro Stundenlohn als unterste Lohnkante verschaffe sechs Millionen Menschen die Chance, mit mehr Geld im Portemonnaie einen etwas besseren Alltag zu führen, sagte der Chef der IG Bau, Robert Feiger. Doch auch mit zwölf Euro pro Stunde sei die bohrende Frage, wie sie über die Runden kommen, nicht aus der Welt.
Die Erhöhung des Mindestlohns könne zudem nur dann ein Erfolg werden, wenn seine Einhaltung auch konsequent kontrolliert werde. „Schon jetzt wird in Deutschland Zehntausenden von Beschäftigten der Mindestlohn vorenthalten. Der Bund braucht effektivere Kontrollen, um Missbrauch und Lohntrickserei einen Riegel vorzuschieben“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende. Der Kontrolldruck müsse steigen. „Kriminelle Mindestlohnverweigerer dürfen keine Chance mehr haben“, forderte Feiger.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte sich darauf verständigt, den Mindestlohn einmalig per Gesetz anzuheben. Normalerweise wird er in einer Kommission von Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt. Der staatliche Eingriff in die Höhe des Mindestlohns stößt auf Kritik in der Wirtschaft.
Auch die Union kritisierte den staatlichen Eingriff. Er sage Ja zur Erhöhung des Mindestlohns, aber Nein zur Schwächung der Sozialpartner, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Herrmann Gröhe (CDU). Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Union, Axel Knoerig (CDU), warf Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, die Mindestlohnkommission entmachtet zu haben.
Heil verteidigte die Anhebung durch den Gesetzgeber. Wer bisher bei einer mit Mindestlohn vergüteten Vollzeitstelle 1.700 Euro bekommen habe, verdiene ab Oktober 2.100 Euro, sagte der Minister. Das sei für viele Menschen eine spürbare Verbesserung angesichts der derzeitigen Preissteigerungen. Heil zufolge profitieren rund sechs Millionen Menschen von der Erhöhung des Mindestlohns, vor allem Frauen und Beschäftigte in Ostdeutschland.
Die Linke kritisierte die Erhöhung als zu gering. Schon im vergangenen Jahr habe gegolten, dass erst ein Stundenlohn von rund 13 Euro bei einer Arbeit in Vollzeit für eine Rente oberhalb der Armutsgrenze reiche, erklärte Parteichefin Janine Wissler. Bei der aktuellen Inflation steige der Wert von Monat zu Monat: „Der Mindestlohn muss endlich armutsfest werden.“
Die Linke lehnte die Änderung bei den Minijobs ab. Sie forderte, jede abhängige Beschäftigung müsse der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Das Parlament stimmte über diesen Punkt gesondert namentlich ab.