sozial-Recht

Bundessozialgericht

Unbezahltes "Kennenlern-Praktikum" kann unfallversichert sein



Kassel (epd). Auch ein eintägiges „Kennenlern-Praktikum“ einer Arbeitsplatzbewerberin kann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Unfallversicherungsträger in seiner Satzung den Unfallschutz so auch vorsieht, wie am 31. März das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel urteilte.

Im konkreten Fall hatte eine arbeitsuchende Frau aus Augsburg sich auf eigene Initiative als IT-Administratorin/Operatorin in einem Unternehmen beworben. Damit sich Arbeitgeber und Stellenbewerberin einen Eindruck voneinander verschaffen können, wurde ein unentgeltliches eintägiges „Kennenlern-Praktikum“ vereinbart.

Kein Beschäftigungsverhältnis

Dabei hatte die Frau nicht nur Gelegenheit, sich mit der IT-Abteilung der Firma auszutauschen, sie nahm auch an einer Betriebsführung inklusive Besichtigung des Hochregallagers teil. Dabei stürzte sie und brach sich den rechten Oberarm. Von der Berufsgenossenschaft (BG) Holz und Metall wollte sie den Sturz als Arbeitsunfall anerkannt haben.

Die BG lehnte ab. Das „Kennenlern-Praktikum“ sei kein Beschäftigungsverhältnis gewesen. Die Frau sei in dem eintägigen Praktikum auch nicht wie eine Beschäftigte anzusehen gewesen („Wie-Beschäftigung“), so dass sich daraus auch kein Unfallschutz ergebe.

Das BSG stellte fest, dass der Sturz als versicherter Arbeitsunfall anzusehen sei. Allerdings habe wegen eines fehlenden Gehalts kein versichertes Arbeitsverhältnis vorgelegen. Auch eine versicherte sogenannte „Wie-Beschäftigung“ habe nicht bestanden, da die Klägerin während ihres Praktikums für den Arbeitgeber nichts von wirtschaftlichem Wert geschaffen habe.

Bewerbung auf eigene Initiative

Allerdings habe die Satzung der BG vorgesehen, dass für „Betriebsbesichtigungen“ Unfallschutz gewährt werde. Hier habe die Frau den Sturz bei einer Besichtigung erlitten. Für den sich aus der Satzung ergebenen Versicherungsschutz komme es auf die letzte Tätigkeit vor dem Unfall an und nicht, ob das Praktikum nur dem Kennenlernen diente.

Nach Angaben der BG haben nicht alle Unfallversicherungsträger den Versicherungsschutz für Betriebsbesichtigungen vorgesehen. Generell gilt, dass Arbeitsuchende dann unter Unfallversicherungsschutz stehen, wenn die Arbeitsagentur sie zum Praktikum oder zur Vorstellung beim Arbeitgeber aufgefordert hat. Im Streitfall hatte sich die Klägerin jedoch auf eigene Initiative beworben, so dass sich daraus kein Versicherungsschutz ergeben hatte.

Az.: B 2 U 13/20 R