Kassel (epd). Mädchen mit stark unterschiedlich großen Brüsten können sich diese nicht operativ auf Krankassenkosten angleichen lassen. Ungleich große Brüste sind regelmäßig nicht „entstellend“, so dass keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, urteilte am 10. März das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.
Im konkreten Fall hatte die aus Hamburg stammende Klägerin während ihrer Pubertät wegen ihrer ungleich großen Brüste erhebliche psychische Probleme. Sie empfand diese als entstellend und fühlte sich ständig von anderen Klassenkameraden und anderen Personen beobachtet. Zwar konnte sie die unterschiedlichen Brustgrößen mit einem speziellen BH weitgehend kaschieren, dies war etwa im Schwimm- und Sportunterricht aber nicht mehr möglich.
Gerade in der Pubertät, in der sich die Sexualität anfängt zu entwickeln, stelle die stark unterschiedliche Brust eine erhebliche Belastung dar, so die Klägerin. Im Dezember 2009 beantragte die damals 15-Jährige bei ihrer Krankenkasse daher die Kostenübernahme für einen operativen Brustaufbau.
Die Krankenkasse lehnte ab. Zwar könne bei einer objektiv vorliegenden „Entstellung“ auf Krankenkassenkosten operativ in einen sonst gesunden Körper eingegriffen werden. Dabei sei auf den bekleideten Körper abzustellen.
Während des Gerichtsverfahrens ließ die junge Frau auf eigene Kosten für rund 4.000 Euro einen Brustaufbau vornehmen. Die Kosten erhält sie nicht erstattet, urteilte das BSG. Die Brustasymmetrie sei nicht „entstellend“. Dabei komme es nicht auf das eigene Empfinden der Klägerin an, sondern vielmehr auf eine „objektiv erhebliche Auffälligkeit“, die eine Person zum „Objekt der Betrachtung“ macht. Dies sei etwa beim Fehlen des Kopfhaares bei einer Frau der Fall, das Fehlen eines Hodens beim Mann dagegen nicht, so das BSG mit Verweis auf seine frühere Rechtsprechung.
In der Regel sei der bekleidete Zustand der Maßstab, ob eine „Entstellung“ bemerkt werden kann. Ausnahmsweise könne dies auch im unbekleideten Zustand gelten. Dann müsse die Auffälligkeit aber wirklich sehr groß sein. Bei auftretenden psychischen Problemen sei zudem psychologische oder psychiatrische Hilfe angebracht und kein chirurgischer Eingriff.
Az.: B 1 KR 3/21 R