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Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Experten fordern flexible Regeln



Berlin (epd). Auch zwei Jahre nach Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes stehen ausländische Arbeitskräfte trotz großer Erleichterungen weiterhin vor großen Hürden, kritisiert der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR). Die Experten forderten daher am 28. Februar in Berlin, den Gleichwertigkeitsnachweis einer im Ausland erworbenen Berufsausbildung als Voraussetzung für den Zuzug beruflich Qualifizierter zu überdenken und mit Öffnungsklauseln zu experimentieren.

Die SVR-Vorsitzende Petra Bendel sieht beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz „erheblichen Nachbesserungsbedarf“. Nach wie vor werde ihnen die Arbeitsaufnahme in Deutschland schwer gemacht. Die Anerkennungsverfahren seien kompliziert und langwierig, beklagte die Münchner Politikwissenschaftlerin. „Hier müssen wir schneller und offener werden. Wir brauchen mehr Digitalisierung und Personal in den Behörden und mehr Angebote, anerkannte Qualifikationsnachweise durch Nachprüfungen zu ersetzen.“

Unverändert hoher Fachkräftebedarf

Der Sachverständigenrat hat ein Verfahren als Modellprojekt für nicht-reglementierte Berufe vorgeschlagen, um die Hürde des Gleichwertigkeitsnachweises etwas abzusenken. Dieses würde Fachkräften mit einer im Ausland abgeschlossenen beruflichen Ausbildung bei Vorliegen eines Arbeitsvertrags erlauben, auch ohne Gleichwertigkeitsnachweis nach Deutschland zu kommen und hier erwerbstätig zu sein. Dafür müsste das fehlende Gleichwertigkeitskriterium durch ein oder mehrere Alternativkriterien ersetzt werden, zum Beispiel sehr gute Sprachkenntnisse, ein Mindestgehalt oder Berufserfahrung.

Der Fachkräftebedarf in Deutschland ist den Angaben zufolge unverändert hoch. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bewerten 55 Prozent der Unternehmen in Deutschland den Fachkräftemangel als Risiko. Der Bundesagentur für Arbeit zufolge braucht die deutsche Wirtschaft etwa 400.000 Zuwandernde pro Jahr.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz trat am 1. März 2020 in Kraft. Aufgrund der sich ausbreitenden Corona-Pandemie wurde wenig später der erste Lockdown in Deutschland beschlossen. Der internationale Reiseverkehr sowie die Bearbeitung von Visaanträgen unterlagen seither erheblichen Einschränkungen. Eine umfangreiche Bilanz zur Wirkung der neuen Regelungen sei deshalb zurzeit noch nicht möglich, erklärte der Sachverständigenrat.

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration ist ein unabhängiges und interdisziplinär besetztes Gremium der wissenschaftlichen Politikberatung. Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an.

Markus Jantzer


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