sozial-Recht

Landessozialgericht

Krankenkasse darf Datenfälschung für Transplantation nicht bestrafen



Celle (epd). Krankenkassen müssen auch bei manipulierten Patientendaten notwendige Organtransplantationen bezahlen. Auch wenn ein Transplantationsmediziner die Daten so verändert hat, dass ein Kranker auf der Warteliste bei der Organverteilungsstelle „Eurotransplant“ nach oben rutscht, darf die Krankenkasse das Verhalten nicht mit einer Zahlungsverweigerung ahnden, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am 31. Januar bekanntgegebenen Urteil. Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel wurde jedoch zugelassen.

Konkret ging es um Vorfälle am Uniklinikum Göttingen. Der Klinikbetreiber hatte im Juli 2011 einen anonymen Hinweis erhalten, dass es bei Lebertransplantationen Auffälligkeiten gebe. Eine interne Untersuchung ergab, dass der bis Ende 2011 beschäftigte Leiter der Transplantationschirurgie Patientendaten so manipuliert hat, dass diese auf der Warteliste bei der Organverteilungsstelle „Eurotransplant“ als besonders dringlich eingestuft wurden.

Arzt vom BGH freigesprochen

Die Staatsanwaltschaft warf dem Mediziner unter anderem in elf Fällen versuchten Totschlag vor, weil mit der Datenmanipulation andere Patienten länger auf eine neue Leber hätten warten müssen. Der Bundesgerichtshof (BGH) sprach den Arzt am 28. Juni 2017 vom Vorwurf des versuchten Totschlags und der Körperverletzung mit Todesfolge aber frei. Der Arzt habe weder den Tod oder einen Gesundheitsschaden von Patienten in Kauf genommen.

Wegen der veränderten Patientendaten verlangte die Kaufmännische Krankenkasse in zwei Fällen, dass hierfür aber das Uniklinikum haften und für zwei Lebertransplantationen der Krankenkasse die bereits bezahlten Kosten wieder zurückerstatten müsse, insgesamt 157.000 Euro. Die Klinik habe mit den manipulierten Patientendaten gegen das Transplantationsgesetz verstoßen. Mit der suggerierten Dringlichkeit seien die Transplantationen rechtswidrig erfolgt, so die Kasse.

Doch das Klinikum hat einen Vergütungsanspruch, urteilte nun das LSG. Denn die Transplantationen seien medizinisch erforderlich gewesen. Unzutreffende Angaben gegenüber „Eurotransplant“ ließen den Vergütungsanspruch nicht entfallen, betonte das Gericht. Ziel des Transplantationsgesetzes sei die Sicherung der Verteilungsgerechtigkeit und nicht die Qualitätssicherung der einzelnen Transplantationen. Falschmeldungen eines Arztes mögen „moralisch falsch sein“. Es sei jedoch nicht Aufgabe der Krankenkasse, solch ein Verhalten durch Rückforderungen zu „ahnden“ und damit einem Gerechtigkeitsempfinden genüge zu tun.

Az.: L 16/4 KR 506/19