Osnabrück (epd). Das Verwaltungsgericht Osnabrück hält die Verkürzung des Genesenstatus von sechs Monaten auf 90 Tage für verfassungswidrig und damit für unwirksam. Das Gericht verpflichtete am 4. Februar den Landkreis Osnabrück einem Antragsteller einen sechs Monate geltenden Genesenennachweis auszustellen, wie das Gericht mitteilte. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.
Nach Ansicht der Kammer reicht ein Verweis auf die Internetseiten des Robert Koch-Instituts (RKI) nicht als Begründung aus, um den Genesenenstatus zu verkürzen. Dies sei aber in der Corona-Verordnung vom 14. Januar geschehen. Der Verordnungsgeber dürfe die Corona-Vorgaben nicht dem RKI überlassen, weil dem Institut dazu die Rechtsgrundlage fehle. Außerdem sei ein Verweis auf eine sich ständig ändernde Internetseite des RKI intransparent und unbestimmt. Zudem habe das RKI aus Sicht des Gerichts nicht hinreichend wissenschaftlich belegt, dass der Schutz Genesener vor einer Infektion bereits nach 90 Tagen ende.
Die Frage, ob eine so weitreichende Entscheidung wie die Verkürzung des Genesenenstatus zudem einem Parlamentsvorbehalt unterliegt oder von der Verwaltung getroffen werden kann, könne letztlich offenbleiben, hieß es. Daher sei weiter die Corona-Schutzverordnung vom 8. Mai 2021 anzuwenden, nach der der Genesenenstatus sechs Monate lang gilt.
Ein kürzerer Genesenenstatus habe weitreichende Auswirkungen auf die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Der Ausschluss von der Teilnahme am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben habe daher für den Einzelnen eine hohe Grundrechtsrelevanz, hieß es in der Begründung. Dies gelte insbesondere für die allgemeine Handlungsfreiheit, die körperliche Unversehrtheit unter dem Gesichtspunkt der psychischen Gesundheit und auf die Berufsausübungsfreiheit.
Das Gericht betonte, dass der Beschluss nur für den Antragsteller gelte. Andere Genesene, die ihren verkürzten Nachweis nicht akzeptierten, müssten sich auch an das Gericht wenden, sofern die Verordnung nicht geändert wird.
Az.: 3 B 4/22