Münster (epd). Das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen hat die Klage von drei schwer erkrankten Menschen abgelehnt, die den Zugang zu einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels verlangt hatten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn sei nicht verpflichtet, für eine Selbsttötung den Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu erlauben, urteilte das Gericht in Münster am 2. Februar nach mündlicher Verhandlung. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die Entscheidung.
Einem Erwerb von Natrium-Pentobarbital in einer tödlichen Dosis stehe das Betäubungsmittelgesetz entgegen, erklärte das Oberverwaltungsgericht. Zwar sei es zweifelhaft, ob dieses im Betäubungsmittelgesetz enthaltene generelle Verbot mit dem Grundgesetz vereinbar sei, führte Richterin Gudrun Dahme aus. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei ein solches Verbot jedoch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 das Verbot von „geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung“ aufgehoben habe. Ärzte könnten zudem nach entsprechender Abänderung der Berufsordnungen ebenfalls entsprechende Medikamente verschreiben.
Geklagt hatten zwei Männer aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen sowie eine Frau aus Baden-Württemberg, die an schweren Krankheiten wie Multipler Sklerose, Parkinson und Krebs litten. Die gegen die Ablehnung der Arzneimittelbehörde erhobenen Klagen hatte das Verwaltungsgericht Köln im Jahr 2020 abgewiesen. Weil das Bundesinstitut seinen Sitz in Nordrhein-Westfalen hat, verhandelte das Oberverwaltungsgericht Münster über die Klage.
Einer der Kläger, ein an Parkinson erkrankter Mann aus Ramstein, ließ durch seinen Anwalt mitteilen, dass für ihn nur das Mittel Natrium-Pentobarbital infrage komme, weil es die beste Möglichkeit sei. Er habe auch nicht vor, die Hilfe der Palliativmedizin in Anspruch zu nehmen, er wolle sich im engsten Familienkreise selbstverantwortlich suizidieren. Dessen Anwalt, der Präsident der deutschen Gesellschaft für Sterbehilfe (DGHS), Robert Roßbruch, erklärte, dass es noch immer schwer sei, Ärzte zu finden, die bereit wären, Suizidwillige auf ihrem Weg zu begleiten.
Das OVG Münster räumte die Möglichkeit einer Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Ein solcher Schritt koste jedoch Zeit, erklärte Roßbruch: „Zeit, die meine Mandanten nicht haben.“ Er habe das Verfahren mit sieben Klägern angefangen, davon seien jetzt noch drei übrig. Eine der Klägerinnen, die an Krebs erkrankt ist, konnte laut der Richterin nicht mehr an der Verhandlung teilnehmen, weil sie im Sterben liege.
Die Stiftung Patientenschutz erklärte, es sei gut, dass der Gesetzgeber nicht gezwungen werden könne, das klare Verbot der Abgabe von Tötungsmitteln aufzuweichen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sei somit nicht verpflichtet, die Ausgabe von Suizidpräparaten zu genehmigen, sagte Vorstand Eugen Brysch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schließlich sei mit dem Aufheben des Verbots der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung durch das Bundesverfassungsgericht eine neue Lage entstanden. Im Lichte dieser Entwicklung sollte sich der Bundestag bei einer möglichen Änderung der Gesetzgebung nicht der Eile, sondern der Qualität verpflichten, mahnte Brysch.
Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ aufgehoben. Die Karlsruher Richter begründeten die Entscheidung mit dem Selbstbestimmungsrecht. Das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben schließt demnach auch eine mögliche Hilfe Dritter ein. Der Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs muss nun neu gefasst werden.
Az.: 9 A 146/21, 9 A 147/21, 9 A 148/21