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Erste Gütesiegel für faire Anwerbung von Pflegekräften vergeben




Vietnamesin in der Altenpflege (Archivbild)
epd-bild/Hanna Eder
Deutschland braucht mehr Pflegekräfte aus dem Ausland. Weil die nicht von alleine kommen, ist systematische Anwerbung auch außerhalb von Europa nötig. Ein neues Gütesiegel soll für ein transparentes und geordnetes Verfahren sorgen.

Berlin (epd). Die ersten Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ sind am 2. Februar an 17 lizenzierte Vermittlungsagenturen und an selbst anwerbende soziale Einrichtungen verliehen worden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Edgar Franke (SPD), sprach von einem „Meilenstein in der Fachkräftezuwanderung“. „Dadurch wissen Pflegekräfte aus dem Ausland, dass ihr künftiger Arbeitgeber oder die Vermittlungsagentur einen fairen und transparenten Anwerbeprozess sicherstellt“, sagte er. Bisher haben den Angaben nach 78 weitere Interessenten das Siegel beantragt.

Das Interesse an dem Prüfverfahren sei groß, hieß es beim Deutschen Kuratorium Altershilfe (KDA), unter dessen Dach das Siegel vergeben wird. Bei einer Umfrage vor der Veröffentlichung der genauen Prüfkriterien habe es rund 130 Einrichtungen und Personalserviceagenturen gegeben, die sich eine Teilnahme am Zertifizierungsprozess vorstellen konnten. Knapp 150 Agenturen kümmern sich nach Recherchen des KDA in Deutschland um die Anwerbung von ausländischen Fachkräften.

Beitrag zu einer modernen Einwanderungspolitik

Franke betonte, das gesetzlich eingeführte Siegel leiste einen wichtigen Beitrag zu einer modernen Einwanderungs- und Integrationspolitik. Es setze „einen hohen ethischen Standard“ und schaffe bei Fachkräften im Ausland Vertrauen, ohne eigene Kosten nach Deutschland zu kommen, verlässlich betreut und gut in einen neuen Job integriert zu werden. Und sie könnten sich darauf verlassen, keine Vermittlungskosten bezahlen zu müssen und ein faires Einkommen zu erhalten. Außerdem sorge der künftige Arbeitgeber für eine zügige Integration in den Kollegenkreis.

Deutschland brauche im Bemühen um mehr Fachkräfte für Kliniken und Heime auch mehr qualifizierte Zuwanderung, was durch die Corona-Pandemie noch einmal mehr als deutlich geworden sei, sagte Franke: „Wir brauchen zusätzliche Pflegekräfte aus dem Ausland. So ehrlich muss man sein.“ Diese Initiative sei Teil „einer modernen Einwanderungspolitik, die immer auch Migrationspolitik ist“.

„Ethisch, fair und transparent“

Das staatliche und geschützte Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ wurde im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums unter dem Dach des KDA entwickelt. Es zeichne private Vermittlungsagenturen und Arbeitgeber aus, die den Prozess der Anwerbung ethisch, fair und transparent gestalten, erklärte der Vorsitzende der „Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland“ im KDA, Helmut Kneppe, die für die Lizenzierung zuständig ist. Insgesamt würden 19 Kriterien und 56 Indikatoren vorgegeben und überprüft, bevor das Siegel vergeben werde. „Damit geben wir auch Arbeitgebern eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl einer Vermittlungsagentur“, sagte Kneppe.

„Das Gütesiegel ist nur ein kleines Rädchen im großen Räderwerk der Pflegestrukturen. Aber es ist notwendig, um den Bedarf an Fachkräften zu sichern und eine faire Anwerbung verbindlich zu machen“, betonte Kneppe. Das Verfahren stelle sicher, dass durch Anwerbung in den Heimatländern keine Fachkräfte verloren gehen, die dort selbst dringend gebraucht werden. Denn alle internationalen Verträge und Standards zur Anwerbung würden strikt eingehalten.

Laut KDA erfolgt die gezielte Anwerbung von Gesundheitsfachkräften derzeit vor allem in Bosnien, Herzegowina, auf den Philippinen, in Tunesien, Mexiko, Brasilien, El Salvador sowie in Vietnam.

Orientierung für Fachkräfte und Unternehmen

Jenny Wortha, stellvertretende Pflegedirektorin der Berliner Charité, die auch das Siegel trägt, betonte, in den vergangenen Jahren habe sich die Anwerbung von Fachkräften internationalisiert. War es bis vor zehn Jahren üblich, in EU-Staaten nach Personal zu suchen, erfolge das jetzt auch in Drittstaaten. Die Folge: Die Verfahren würden deutlich aufwendiger, vor allem die Anerkennung der Berufsabschlüsse sei komplexer geworden. Viele Sozialträger können das laut Wortha nicht mehr allein bewältigen und nutzten vermehrt die Dienste von Vermittlungsagenturen. Doch die seinen „in einem lukrativen Markt“ längst nicht alle auf seriösen Wegen unterwegs. Deshalb sei es wichtig, mit dem Gütesiegel die Spreu vom Weizen zu trennen.

Die Herausgabe des Gütesiegels „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ ist im Gesetz zur Sicherung der Qualität der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland geregelt, das am 1. Juli 2021 in Kraft trat. Inhaber des Gütesiegels ist das Bundesgesundheitsministerium, das die Vergabe an das KDA delegiert hat.

Dirk Baas