sozial-Recht

Bundesarbeitsgericht

Betriebliches Eingliederungsmanagement geht vor Kündigung



Erfurt (epd). Arbeitgeber müssen bei hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten eines Beschäftigten nicht nur ein einziges betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) zum Arbeitsplatzerhalt durchführen. Erkrankt ein Arbeitnehmer nach Abschluss eines bEM innerhalb eines Jahres erneut länger als sechs Wochen, ist eine weitere Eingliederungsmaßnahme erforderlich, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 1. Februar veröffentlichten Urteil.

Das 2004 vom Gesetzgeber eingeführte betriebliche Eingliederungsmanagement sieht bei Arbeitsunfähigkeit von länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ein Prüfverfahren vor, wie der Beschäftigte künftig am besten seine Arbeit wieder nachkommen kann. Arbeitgeber, Arbeitnehmer, aber auch Reha-Träger und Betriebsrat sollen dann ausloten, wie der Arbeitsplatz erhalten bleiben kann. Dies können technische Hilfen oder auch veränderte Betriebsabläufe sein, die künftige Erkrankungen verhindern können. Ohne die Durchführung eines bEM ist eine krankheitsbedingte Kündigung regelmäßig unwirksam.

Länger als sechs Wochen krank

Im Streitfall ging es um einen als Produktionshelfer und Staplerfahrer angestellten Mann aus Nordrhein-Westfalen, der von 2017 bis 2019 jedes Jahr länger als sechs Wochen krank war. Im März 2019 fand ein bEM statt.

Als der Mann nach Abschluss des bEM erneut an 79 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankte, erhielt er im Februar 2020 die Kündigung. Der Beschäftigte hielt diese für sozial nicht gerechtfertigt.

Sowohl vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf als auch vor dem BAG bekam er recht. Sei ein Arbeitnehmer nach Abschluss eines bEM innerhalb eines Jahres erneut länger als sechs Wochen krank, müsse ein erneutes bEM durchgeführt werden. Denn dies könne etwa wegen anderer Erkrankungen oder auch wegen neuer Ansätze für zielführende Präventionsmaßnahmen begründet sein.

Werde dies unterlassen, müsse der Arbeitgeber für die Wirksamkeit der Kündigung belegen, dass die betriebliche Eingliederungsmaßnahme nutzlos wäre, urteilte das BAG. Dies habe der Arbeitgeber hier nicht dargelegt, so dass die Kündigung unwirksam sei.

Az.: 2 AZR 138/21