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Erster Schritt für die Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen




Kristina Hänel
epd-bild/Stephan Wallocha
Bundesjustizminister Buschmann macht bei der Streichung des Werbeverbots für Abtreibung Tempo und präsentiert einen Entwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a. Eine Ärztin, die jahrelang vor Gericht dafür gestritten hat, äußert sich zufrieden.

Berlin (epd). Die Pläne der Ampelkoalition für eine Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen werden konkret. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) präsentierte am 17. Januar in Berlin einen Entwurf zur Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a. Dies solle ermöglichen, dass Ärztinnen und Ärzte auch auf ihren Internetseiten sachlich über Schwangerschaftsabbrüche aufklären können, sagte Buschmann. Mit der Streichung des Paragrafen werde ein „unhaltbarer Rechtszustand“ beendet. Bislang müssten Mediziner mit Ermittlungen und Verurteilungen rechnen, wenn sie etwa über Methoden einer Abtreibung aufklären.

Schutz des ungeborenen Lebens

SPD, Grüne und FDP hatten bereits in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, den Paragrafen 219a streichen zu wollen. „Ich glaube, wir müssen das Recht der Gegenwart anpassen“, sagte Buschmann. Der Strafrechtsparagraf zum Schwangerschaftsabbruch stamme aus einer Zeit, in der es das Internet noch nicht gegeben habe. Am Schutz des ungeborenen Lebens ändere sich dadurch nichts, betonte Buschmann. Die Verankerung der Abtreibung im Strafgesetzbuch mit den Paragrafen 218 und 219 bliebe dadurch erhalten. Demnach steht ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich unter Strafe, nach einer Beratung im ersten Drittel der Schwangerschaft bleibt er aber straffrei.

Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. Das führte in der Vergangenheit zu Verurteilungen von Ärztinnen und Ärzten, die aus ihrer Sicht sachlich auf der Internetseite ihrer Praxis darüber informiert hatten, dass sie Abtreibungen durchführen und welche Methoden sie anwenden.

Ärztin Hänel empfindet „tiefe Zufriedenheit“

Eine von ihnen war die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die nun ihre Genugtuung zum Ausdruck brachte. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte sie, es seien „anstrengende, bewegte Jahre“ gewesen, seit sie sich 2017 wegen eines Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen vor dem Amtsgericht Gießen verantworten musste. Es erfülle sie mit „tiefer Zufriedenheit“, dass die Ärzteschaft sich nun endlich ärztlichen Aufgaben und der medizinischen Versorgung widmen und die Justiz ihre Kräfte in die Verfolgung echter Straftaten legen könne.

Hänel war 2017 vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nach Ausschöpfung des Rechtswegs zog sie bis vor das Bundesverfassungsgericht.

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) wies darauf hin, dass sich Frauen, die ungewollt schwanger werden, sich in einer äußerst schwierigen Situation befänden. „Sie begegnen oftmals Bevormundung und Vorverurteilung, wo sie dringend Unterstützung und Beratung bräuchten.“ Viele Frauen suchten zuallererst im Internet nach Rat. Aber ausgerechnet Ärztinnen und Ärzte, die fachlich am besten qualifiziert seien, dürften im Netz nicht über Schwangerschaftsabbrüche aufklären. „Diese Hürde müssen wir im Sinne der Betroffenen schnellstens aus dem Weg räumen.“

In der vergangenen Legislaturperiode hatte die SPD mit dem damaligen Koalitionspartner Union einen Kompromiss geschlossen, wonach das Werbeverbot gelockert, aber nicht abgeschafft wurde. Der nun vorliegende Entwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a muss zunächst innerhalb der Regierung abgestimmt und dann vom Bundestag beraten werden.

Mey Dudin, Stefanie Walter


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