Berlin (epd). Die jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stoßen in Reihen der Opposition auf Kritik. Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger bezeichnete die Maßnahmen als völlig unzureichend. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte, es sei irritierend, dass die Verschärfungen erst ab dem 28. Dezember und nicht schon vor Weihnachten in Kraft treten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte indes die Beschlüsse.
Eine erneute Welle von Corona-Infektionen durch die neue Omikron-Variante sei nach seiner Einschätzung nicht mehr aufzuhalten. Zwar gelinge es gerade, die Welle mit der Delta-Mutation in den Griff zu bekommen, sagte Lauterbach am 22. Dezember in Berlin. „Nichtsdestotrotz müssen wir mit einer fünften Welle jetzt sicher rechnen“, ergänzte er. Man müsse davon ausgehen, „dass sich die Omikron-Welle in Deutschland nicht mehr verhindern lässt“.
Mit einer Auffrischungsimpfung sei man zu 70 bis 80 Prozent vor einer symptomatischen Infektion geschützt, sagte Lauterbach. Bei mehr als 90 Prozent liege der Schutz vor einem schweren Covid-19-Verlauf. Um die Boosterimpfungen mit hohem Tempo weiter zu verabreichen, soll Lauterbach zufolge auch über den Jahreswechsel und an den Feiertagen geimpft werden. Vom 24. Dezember bis zum 9. Januar sollen Impfungen dafür mit einem Sonn- und Feiertagszuschlag vergütet werden, wie er ankündigte. Ärzte bekommen in der Zeit dann durchgängig 36 statt 28 Euro pro Impfung.
Die beschlossenen Verschärfungen der Corona-Maßnahmen sollen ab dem 28. Dezember gelten. Demnach werden Clubs und Diskotheken bis auf Weiteres geschlossen, Fußballspiele müssen ohne Publikum stattfinden. Geimpfte und Genesene dürfen bei privaten Zusammenkünften höchstens zu zehnt sein. Kinder werden dabei nicht mitgezählt. An Silvester und Neujahr gelten Versammlungsverbote, ebenso wird der Verkauf von Feuerwerkskörpern untersagt. Für Ungeimpfte bleiben die Beschränkungen, die bereits jetzt schon gelten: Private Treffen sind für sie nur mit einem Haushalt und zwei zusätzlichen Personen erlaubt.
Pilsinger sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „Wir bräuchten jetzt einen scharfen Lockdown vom 27. Dezember bis zum Neujahrstag, ähnlich wie in den Niederlanden.“ Die Beschlüsse von Bund und Ländern reichten nicht aus, um Deutschland auf die drohende Omikron-Welle vorzubereiten. Schon im vergangenen Winter hätten die geringen Kontaktbeschränkungen nicht ausgereicht, um die damalige Corona-Welle zu brechen. „Durch die deutlich ansteckendere Omikron-Variante des Coronavirus ist die Lage jetzt noch einmal deutlich gefährlicher“
Linken-Fraktionschef Bartsch sieht das Vertrauen der Bevölkerung in die deutsche Corona-Politik durch die Bund-Länder-Konferenz beschädigt. Er kritisierte vor allem, dass die Maßnahmen erst ab dem 28. Dezember und nicht schon vorher gelten sollen: „Bis vor kurzem war mir nicht bekannt, dass das Virus unsere Weihnachtsfeiertage verinnerlicht hat“, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, erklärte am 22. Dezember, es sei zwar ein gutes Zeichen, dass weitere Kontaktbeschränkungen beschlossen worden seien. „Es ist aber fraglich, ob die Beschränkungen ausreichen, um die Welle flach zu halten und eine Überlastung der Krankenhäuser zu vermeiden“.
Es müsse sichergestellt werden, dass kurzfristig weitere Kontaktbeschränkungen beschlossen werden können, falls dies nötig werde, fügte Gaß hinzu. Vor allem die Absicherung der kritischen Infrastruktur müsse gewährleistet werden. Zentral für die kommenden Wochen sei, dass sich alle an die Maßnahmen hielten, denn selbstverständlich könne die Politik die Regeln für private Zusammenkünfte nicht lückenlos kontrollieren.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen liegt laut RKI aktuell bei 289. Den Angaben vom 21. Dezember zufolge ist das ein Rückgang im Vergleich zu 306,4 am Dienstag. Wie das Institut unter Berufung auf die Gesundheitsämter mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 45.659 Neuinfektionen verzeichnet. Das sind 5.642 weniger als am 14. Dezember. 510 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit stieg die Gesamtzahl der Corona-Toten in Deutschland auf 109.324. Das RKI geht davon aus, dass die Lage sich dramatisch verschärft, wenn erst einmal Omikron die vorherrschende Variante ist.