Stuttgart (epd). Angestellte können bei der Nutzung eines Firmen-Fahrrads außerhalb der Arbeitszeit ausnahmsweise unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Ist die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer verpflichtet, das zur Verfügung gestellte Rad regelmäßig zu warten, ist zumindest der Weg zur oder von der Werkstatt unfallversichert, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am 14. Dezember bekanntgegebenen Urteil. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen die Stuttgarter Richter die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.
Im Streitfall bot ein in Schwäbisch Gmünd tätiger Arbeitgeber seinen Beschäftigten ein „JobRad-Modell“ an. Dabei hatte er im Rahmen einer Barlohnumwandlung seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleaste Fahrräder zur Verfügung gestellt. Das sollte auch zur Förderung der Gesundheit der Beschäftigten beitragen. Außerdem sollte die Parkplatzsituation auf dem Betriebsgelände mit dem Rad-Angebot entspannt werden.
Die Mitarbeiter mussten allerdings regelmäßig das Fahrrad in einer Werkstatt warten lassen. Die Kosten wurden jedoch vom Arbeitgeber übernommen.
Auch die Klägerin nahm das Angebot der Fahrradnutzung an und ließ im März 2018 das Rad in einer Werkstatt warten. Als sie es in ihrer Freizeit aus der Werkstatt abgeholt hatte, erlitt sie auf dem Rückweg einen Verkehrsunfall. Die Fahrerin eines haltenden Autos hatte plötzlich die Tür geöffnet, gegen die die Klägerin fuhr. Die Radfahrerin erlitt dabei erhebliche Knieverletzungen.
Die Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall nicht als Arbeitsunfall an. Die Abholung des Fahrrades sei „privatnützig“ gewesen, so die Begründung.
Das LSG urteilte indes, dass hier ein versicherter Arbeitsunfall vorgelegen habe. Werde das Rad in der Freizeit zur verpflichtenden Wartung gebracht, handele es sich ausnahmsweise um eine betriebsbezogene Verrichtung. Der Arbeitgeber habe die Klägerin zudem ausdrücklich per E-Mail aufgefordert, das Rad überprüfen zu lassen. Als der Unfall geschah, habe sich die Klägerin auf dem direkten versicherten Weg von der Werkstatt nach Hause befunden.
Az.: L 1 U 779/21