sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Krankheitsbedingte Kündigungen können Massenentlassung sein



Düsseldorf (epd). Mehrere ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigungen in einem Unternehmen erfüllen unter Umständen den Tatbestand einer anzeigepflichtigen Massenentlassung. Ohne die dann vorgeschriebene Anzeige bei der Arbeitsagentur sind diese Kündigungen unwirksam, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf am 15. Oktober.

Das Kündigungsschutzgesetz legt fest, dass ein Arbeitgeber eine sogenannte Massenentlassung bei der Arbeitsagentur anzeigen muss. Diese liegt vor, wenn innerhalb von 30 Tagen das Arbeitsverhältnis einer bestimmten Mindestanzahl an Beschäftigten beendet wird. Liegt die regelmäßige Beschäftigtenzahl bei über 20 und unter 60 Arbeitnehmern, müssen für das Vorliegen eine Massenentlassung sechs Arbeitnehmer entlassen werden. Bei mindestens 500 Arbeitnehmern müssen für die Massenentlassung mindestens 30 Arbeitnehmer ihren Job verlieren.

34 Beschäftigte an einem Tag entlassen

Im Streitfall arbeitete der Kläger als Luftsicherheitsassistent am Düsseldorfer Flughafen. Während der Corona-Pandemie erhielten er und andere Kolleginnen und Kollegen die Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten. So führte der Arbeitgeber auf, dass der Kläger 2018 an 61, Tagen, 2019 an 74 Tagen und 2020 an 45 Tagen krank gewesen sei. Zwischen dem 25. November 2020 bis kurz vor Weihnachten am 22. Dezember 2020 erhielten 34 Beschäftigte die Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten.

Das LAG erklärte die Kündigung des Klägers nun für unwirksam. Es fehle an einer Massenentlas-sungsanzeige bei der Arbeitsagentur, so die Begründung. Diese sei auch dann erforderlich, wenn sämtliche Kündigungen der Arbeitnehmer aus krankheitsbedingten Gründen erfolgte. Der Arbeitgeber habe die Information der Arbeitsagentur versäumt.

Unabhängig davon könnten Arbeitgeber Beschäftigte wegen mehrerer Kurzerkrankungen kündigen. Hierfür würden aber strenge Voraussetzungen gelten. So müsse für die Wirksamkeit der Kündigung eine negative Gesundheitsprognose beim Beschäftigten bestehen. Auch daran fehle es im konkreten Fall. Denn die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers hätten sich zum Schluss wieder verringert. Schließlich sei der Arbeitgeber wegen der Kurzerkrankungen nicht unzumutbar wirtschaftlich belastet worden. Betriebsablaufstörungen habe es nicht gegeben, befand das Gericht.

Az.: 7 Sa 405/21