Darmstadt (epd). Krankenkassen müssen grundsätzlich die selbstständige Mobilität von Rollstuhlfahrern in ihrem Faltrollstuhl gewährleisten. Ermöglicht ein am Rollstuhl angebrachtes sogenanntes Handbike das Überwinden von Bordsteinkanten und damit eine selbstständigere Nutzung des Hilfsmittels, darf die Krankenkasse nicht einfach auf einen alternativen, aber kostengünstigeren Elektrorollstuhl verweisen, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am 12. Oktober bekanntgegebenen Urteil.
Damit bekam ein 1958 geborener Mann aus dem Wetteraukreis recht, der seit seinem 20. Lebensjahr infolge eines Unfalls querschnittsgelähmt ist. Der Mann nutzt seitdem einen Faltrollstuhl. Er beantragte er bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für eine „elektrische Rollstuhlzughilfe mit Handkurbelunterstützung“, um selbst im nahen Umfeld mobiler zu sein. Solch ein Handbike wird mit dem Faltrollstuhl gekoppelt. Auf diese Weise könne er Bordsteinkanten überwinden und auch abschüssige Wege alleine befahren, so der Rollstuhlfahrer.
Die Krankenkasse wollte das rund 8.600 Euro teure Hilfsmittel indes nicht bezahlen. Stattdessen bot sie dem Versicherten einen Elektrorollstuhl für 5.000 Euro an. Sowohl mit dem Falt- als auch dem Elektrorollstuhl könne er sich ausreichend im Nahbereich seiner Wohnung fortbewegen, lautete die Begründung.
Das LSG urteilte, dass der Kläger das Handbike zum Behinderungsausgleich beanspruchen kann. Versicherte hätten auch nicht nur Anspruch auf eine Basisversorgung. Die Krankenkasse sei verpflichtet, dem behinderten Menschen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die elektrische Rollstuhlzughilfe sei damit in diesem Einzelfall verhältnismäßig und notwendig.
Az.: L 1 KR 65/20