Stuttgart (epd). Ein Frauenhaus ist keine stationäre Einrichtung im üblichen Sinne. Bei mittellosen Bewohnerinnen mit Rentenbezug ist daher jene Stadt für Sozialhilfeleistungen zuständig, in der sich die betroffenen Frauen tatsächlich aufhalten, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 1. Oktober bekanntgegebenen Urteil. Der Sozialhilfeträger am ursprünglichen Wohnort der Betroffenen sei dann bei der Kostenübernahme nicht mehr in der Verantwortung.
Im Streitfall ging es um eine damals 35-jährige erwerbsgeminderte Frau, die mit ihrem neunjährigen Sohn ursprünglich im Zollernalbkreis wohnte. 2017 suchten sie das Frauenhaus in Tübingen auf. Das Zimmer dort kostete mit allen Nebenkosten 20 Euro pro Tag. Mit ihrer bis April 2018 erhaltenen Erwerbsminderungsrente in Höhe von monatlich 566 Euro konnte sie ihren Lebensunterhalt nicht decken. Sie war auf weitere Sozialhilfeleistungen angewiesen.
Die Kosten für die Frauenhausunterbringung wollten jedoch weder die Stadt Tübingen noch der Zollernalb-kreis übernehmen. Beide meinten, dass die jeweils andere Kommune zuständig sei.
Das LSG urteilte nun, dass die Stadt Tübingen die Wohnkosten übernehmen muss, weil sich die Frau dort tatsächlich aufgehalten habe. Bei erwerbsfähigen Frauen sei zwar das Jobcenter am ursprünglichen Wohnort der Betroffenen für die Sozialhilfe zuständig. Dieses müsse der Kommune, in der sich das Frauenhaus befindet, dann die Kosten erstatten.
Bei Rentnerinnen gelten jedoch andere Bestimmungen. Danach sei nur bei stationären Leistungen oder betreuten Wohngruppen der Sozialhilfeträger am eigentlichen Wohnort der Betroffenen zuständig, so das Gericht.
Ein Frauenhaus sei aber keine stationäre Einrichtung oder betreute Wohngruppe, so dass nach den gesetzlichen Bestimmungen allein jene Kommune die Kosten tragen muss, in der sich die Rentnerin aufhält, befand das LSG. Auch die psychosoziale Beratung mache als ambulantes Angebot aus dem Frauenhaus noch keine „stationäre Einrichtung“, urteilten die Stuttgarter Richter.
Die Beratungsleistungen im Frauenhaus seien zudem nicht im Rahmen eines betreuten Wohnens erbracht worden. Hierfür fehle es bereits an der gesetzlich geforderten Leistungs- und Vergütungsvereinbarung zwischen Frauenhausträger und Sozialhilfe. Weil die Unterkunft im Frauenhaus keine stationäre Einrichtung sei und sich die Frau dort aufgehalten habe, müsse auch Tübingen als Sozialhilfeträger die Kosten übernehmen.
Az.: L 7 SO 3198/19