sozial-Politik

Prostitution

Parlamentskreis will weiter für Sexkaufverbot werben




Bordell in Frankfurt am Main
epd-bild/Heike Lyding
Seit Jahren treiben sie die Missstände in der Prostitution um: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier will sich weiter für ein Sexkaufverbot in Deutschland einsetzen. Dass sie bisher nur wenig Unterstützung findet, ficht sie nicht an.

Berlin (epd). Rund 20 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus allen Fraktionen hatten die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier und der CDU-Abgeordnete Frank Heinrich im letzten Bundestag um sich geschart. Sie wollen die Gesetzgebung für Prostitution verändern und machen sich für ein Sexkaufverbot stark. Dass sie bisher kaum Unterstützung haben, ficht sie nicht an. Im neu gewählten Parlament werde der Arbeitskreis „Pornografie und Prostitution“ heißen und weitermachen, sagt Breymaier. Heinrich ist nicht mehr dabei, er wurde in seinem Wahlkreis in Chemnitz nicht wiedergewählt.

Prostitution als Dienstleistung

Die SPD-Politikerin Breymaier hält die Anerkennung der Prostitution als Dienstleistung für falsch. Sie wurde von der damaligen rot-grünen Regierung vor 20 Jahren beschlossen. „Das Problem ist, dass an der Prostitution alle verdienen, nur nicht die Frauen“, sagt sie. Diese aber machten eine Arbeit, die Menschen so kaputtmache wie keine andere, ist die frühere Vize-Vorsitzende des DGB Baden-Württemberg überzeugt. Sie beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema und hat in Stuttgart den Verein „Sisters e.V.“ mitgegründet, der sich für den Ausstieg aus der Prostitution einsetzt.

Für die 61-jährige Politikerin ist Prostitution ein Menschenrechtsthema: „Es geht darum, dass die Frauen als Ware behandelt werden, dass sie gedemütigt werden, dass ihnen Gewalt angetan wird - und dass diese Gesellschaft das weiß und zuschaut“, sagt Breymaier: „Die freie, selbstbestimmte Sexarbeiterin ist ein Mythos.“

Für die Verbände der Prostitutionsbranche sind Breymaiers Aktivitäten eine Provokation. Als sie im vorigen Jahr staatliche Corona-Hilfen für Bordelle als Unterstützung für Kriminelle bezeichnete, die in ihren Betrieben Frauen zur Prostitution zwängen, zeigten Bordellbesitzer sie wegen Verleumdung an. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte die Verfahren ein.

Frauen der CDU „perspektivisch“ für Sexkaufverbot

Breymaier weiß um ihr „Nervpotenzial“, wie sie selbst sagt, auch in der eigenen Partei, die derzeit ein Sexkaufverbot ablehnt, wie auch alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Danach machen sich Freier und Bordellbetreiber strafbar, Prostituierte hingegen nicht. Schweden hat eine solche Gesetzgebung 1999 eingeführt, daher die Bezeichnung „Nordisches Modell“; sieben weitere Länder sind gefolgt.

Am hörbarsten rumort es bei dem Thema in der Union. Die Frauen Union der CDU ist „perspektivisch“ für ein Sexkaufverbot. Die Bundestagsfraktion präsentierte im März dieses Jahres einen Katalog für restriktivere Regelungen. Die meisten Vorschläge waren mit der SPD nicht umzusetzen, bedauerte die bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön (CDU). Die Saarländerin wurde nicht wiedergewählt, damit verliert die Fraktion auch eine Expertin für das Thema Prostitution.

Eine Ampel-Koalition wird eher nicht auf neue Restriktionen setzen. SPD, FDP und Grüne wollen zwar Gewalt, Zwang und Menschenhandel schärfer verfolgen, nicht aber die Prostitution im Ganzen kriminalisieren. Vielmehr wollen sie die Rechte der Prostituierten stärken. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, sagt, eine Debatte über ein Sexkaufverbot werde wohl auch in der neuen Legislaturperiode nicht geführt werden.

„Da bricht etwas auf“

Die FDP-Frauenpolitikerin Nicole Bauer bilanziert, die bisherigen Gesetze hätten nicht „den erhofften Erfolg gebracht“. Es brauche aber kein Sexkaufverbot, sondern Prävention und die Sanktion strafbarer Handlungen wie Menschenhandel. Die AfD-Familienpolitikerin Mariana Harder-Kühnel spricht sich dagegen aus, „freiwillige Prostitution zu kriminalisieren“. Die Linken wollen die soziale Absicherung der Sexarbeiterinnen verbessern und an der Anerkennung von Prostitution als Beruf festhalten, sagt die Frauenpolitikerin Cornelia Möhring. Sie bescheinigt den Befürwortern eines Sexkaufverbots zwar „laut und wahrnehmbar“ zu sein, bezweifelt aber, „dass es mittlerweile mehr Zustimmung zum nordischen Modell gibt“.

Leni Breymaier glaubt gleichwohl, dass seit der Liberalisierung Anfang der 2000er Jahre einiges in Bewegung gekommen ist. Man könne nicht ignorieren, „was in der Prostitution tatsächlich läuft“, sagt sie: „Da bricht etwas auf“.

Bettina Markmeyer


Mehr zum Thema

Das skandinavische Sexkaufverbot und Prostitution in Deutschland

Berlin (epd). Schweden hat 1999 als erstes Land das später so bezeichnete „Nordische Modell“ eingeführt, um die Prostitution und die mit ihr verbundene Ausbeutung und Gewalt einzudämmen. Bis 2018 folgten sieben weitere Länder, darunter Norwegen, Frankreich, Kanada und Israel.

» Hier weiterlesen