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Pflege

Bündnis fordert raschen Pflegegipfel




Infusionswechsel bei einer Patientin
epd-bild/Heike Lyding
Ein Bündnis aus Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Wissenschaftlern hat einen raschen Pflegegipfel nach der Bundestagswahl gefordert. Die Probleme in der Pflege drängten und seien noch immer ungelöst, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.

Frankfurt a.M. (epd). Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Wissenschaftler fordern von einer neuen Bundesregierung, umgehend einen Pflegegipfel zu organisieren. Auf dem Treffen müssten vor allem drei Anliegen angegangen werden: Unterstützung der häuslichen Pflege, Neupositionierung der professionellen Pflege sowie eine faire Verteilung der finanziellen Belastung, heißt es in dem Schreiben, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Die Initiatoren des Briefes, darunter Diakonie, Caritas, AWO, DGB, ver.di und die Krankenkasse DAK, verlangen ein „politisches Signal des Aufbruchs in der Pflegepolitik“.

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte am 20. September, „egal wer demnächst in welcher Konstellation die neue Regierung bildet, sofort nach der Konstituierung des 20. Deutschen Bundestages muss ein Pflegegipfel einberufen werden“. Das im Juni verabschiedete Gesetzespaket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sei lediglich ein „Pflegereförmchen“, so Piel. „Die drängendsten Probleme der Pflegekräfte, der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und des gesamten Systems sind weiterhin ungelöst.“ Die Beschäftigten warteten noch immer auf bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, die tariflich so gestaltet sein müssten, dass nicht jede fünfte Pflegekraft überlege, den Beruf zu wechseln.

„Eigenanteile steigen nahezu ungebremst“

Die AWO betonte, dass die Situation in der Pflege in Deutschland seit Jahren „hochproblematisch“ sei. „Die Eigenanteile der Bewohnerinnen und Bewohner für stationäre Pflege steigen nahezu ungebremst“, sagte Brigitte Döcker, Mitglied des AWO-Bundesvorstandes. Kosten für Innovationen, die eigentlich die Bundesländer zahlen müssten, sowie Kosten für die Behandlungspflege, die statt der Pflegeversicherung die Krankenkassen übernehmen müsse, spielten dabei eine erhebliche Rolle. Die Bundesregierung habe es nicht geschafft, „ganz grundsätzliche Refinanzierungsfragen“ zu lösen, sagte Döcker.

Die Diakonie-Vorständin Maria Loheide sagte der „Augsburger Allgemeinen“, die schwarz-rote Regierung sei zwar nicht komplett untätig gewesen, „eine kleine Reparatur hier und ein bisschen Kosmetik dort haben aber längst nicht ausgereicht, die Brisanz aus dem Thema Pflege zu nehmen“. Die Personalsituation sei immer noch heftig angespannt. „Der Druck auf die Beschäftigten ist enorm groß“, sagte sie.

Der Grund dafür sei die ständige Unterbesetzung. Stress und körperliche Belastung seien riesengroß, hinzu komme fehlende Planbarkeit, erklärte Loheide. So beginne ein Teufelskreis: Der Druck führe dazu, dass die Mitarbeitenden aus dem Beruf fliehen, was den Personalmangel weiter verschärfe.

Spürbare Verbesserungen im Pflegealltag

Auch der Vorstandschef der Krankenkasse DAK, Andreas Storm, kritisierte die jüngste Pflegereform als unzureichend. Sie reiche nicht aus, um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen vor einer finanziellen Überbelastung zu schützen, sagte er. Die in der Reform vorgesehenen neuen Leistungszuschläge entlasteten nur kurzfristig, begrenzten aber nicht den weiteren Anstieg der Eigenanteile.

Die im Juli beschlossene Pflegereform sieht vor, dass die Eigenanteile der Heimbewohner für die reinen Pflegekosten durch einen Zuschuss der Pflegeversicherung gesenkt werden. Gleichzeitig wurde aber auch ein besserer Personalschlüssel bei den Pflegekräften und die Zahlung von Tariflöhnen vereinbart, wodurch die Kosten für die Heimbewohner wieder steigen.

Das Sozialbündnis hat das Schreiben, das sie am 17. September versendet hatte, jeweils an die Kanzlerkandidaten von Union und SPD sowie an die Kanzlerkandidatin der Grünen geschickt. Sie fordern darin Maßnahmen, die „kurzfristig spürbare Verbesserungen im Pflegealltag bewirken und die die Weichen für die mittelfristig notwendigen Reformschritte stellen“.

Patricia Averesch