sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Diskriminierungsentschädigung geht an den Insolvenzverwalter



Stuttgart (epd). Eine Diskriminierungsentschädigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers kann gepfändet werden. Ein in Privatinsolvenz befindlicher Beschäftigter darf über die Entschädigung nicht frei verfügen, kann aber bei seinem Arbeitgeber die Zahlung an den Insolvenzverwalter einfordern, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in einem am 18. September veröffentlichten Urteil. Voraussetzung hierfür sei, dass der Insolvenzverwalter dieses Recht dem überschuldeten Betroffenen eingeräumt hat, urteilten die Stuttgarter Richter.

Hintergrund des Rechtsstreits war die Kündigung des als Fahrer angestellten schwerbehinderten Klägers, als dieser arbeitsunfähig erkrankt war. Der Arbeitgeber machte betriebsbedingte Gründe geltend und verwies auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.

Zustimmung des Integrationsamtes

Der Arbeitnehmer reichte Kündigungsschutzklage ein und machte zudem eine Diskriminierungsentschädigung geltend. Der Arbeitgeber habe nicht die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eingeholt. Damit liege ein Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung vor. Er verlangte eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern, insgesamt 10.289 Euro.

Während des Arbeitsgerichtsverfahrens zog der Arbeitgeber die Kündigung wieder zurück und wollte die verlangte Entschädigung nicht zahlen. Der Kläger habe Privatinsolvenz angemeldet, damit sei der Insolvenzverwalter Gläubiger der Forderung. Der Kläger hätte die Entschädigung daher gar nicht selbst einfordern können.

Das LAG urteilte jedoch, dass der Kläger die Überweisung der Entschädigungssumme an den Insolvenzverwalter verlangen kann. Der Entschädigungsanspruch gehöre zum Vermögen und falle daher in die Insolvenzmasse, urteilte das Gericht.

Auch sei die Diskriminierungsentschädigung trotz der Weiterbeschäftigung in der geforderten Höhe begründet. Da der Arbeitgeber das Integrationsamt nicht um Zustimmung zur Kündigung gebeten habe und dann bei der Kündigung auch noch die Sozialauswahl unter fehlender Berücksichtigung der Schwerbehinderung erfolgt sei, liege ein Indiz für eine Diskriminierung vor. Die erlittene Benachteiligung sei auch nicht geheilt worden, indem der Arbeitgeber Monate später sich zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereit erklärte.

Az.: 10 Sa 49/20