Celle, Stade (epd). Das Sozialamt muss in besonderen Fällen die Miete für Menschen übernehmen, die eine Haftstrafe absitzen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Sitz in Celle entschied in einem Fall aus Stade, dass das dortige Sozialamt nicht nur Mietkosten, sondern auch die Kosten für die Verteidigung gegen eine Räumungsklage von rund 2.000 Euro tragen muss, wie das Gericht am 9. August mitteilte.
In dem Fall ging es dem Gericht zufolge um einen 43-jährigen Mann, der 2014 eine siebenmonatige Haftstrafe antreten musste. Die 225 Euro Kaltmiete für seine Wohnung hatte seit 2005 das Jobcenter übernommen. Der Mann stehe wegen einer instabilen Persönlichkeitsstörung und seiner Alkoholsucht unter Betreuung. Als er ins Gefängnis musste, beantragte er beim Sozialamt, die Miete während der Haft zu übernehmen. Doch das lehnte die Behörde ab, weil die Haftzeit sechs Monate überschreite.
Nach Überzeugung der Richter hätte der Mann jedoch durch den drohenden Wohnungsverlust nach der Haft vor Problemen gestanden, die er selbst nicht hätte bewältigen können. Bei ihm bestehe eine instabile Persönlichkeit mit geminderter Frustrationstoleranz und Affektstörung. Ohne geordnete Verhältnisse, wie eine vertraute Wohnung, hätte eine Verschärfung seiner Schwierigkeiten gedroht. Außerdem wären durch einen Umzug spürbare Kosten angefallen.
Ob die Miete vom Sozialamt übernommen werden muss, hänge immer vom Einzelfall ab, erläuterte Pressesprecher Carsten Kreschel: „Je näher die Entlassung rückt, desto konkreter kann ein Anspruch werden und je länger die Haft noch dauert, desto schwieriger wird es für die Betroffenen.“ Grundsätzlich gebe es aber keine starren Grenzen.
Az..: L 8 SO 50/18